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Drittwiderspruchsklage

Die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO)

 

Wegen des Grundsatzes der Formalisierung der Zwangsvollstreckung hat der Gerichtsvollzieher bei der Zwangsvollstreckung grundsätzlich nur die Gewahrsamsverhältnisse an der gepfändeten Sache, nicht aber das Eigentum zu prüfen (vgl. §§ 808, 809 ZPO), das einem Dritten zustehen kann, und zwar auch dann nicht, wenn er auf die Eigentumslage hingewiesen wird. Eine Ausnahme besteht lediglich bei evidentem Dritteigentum (s.o.). Der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts hat bei Erlaß eines Pfändungsbeschlusses nur zu prüfen, ob der zu pfändende Anspruch nach dem Vorbringen des Gläubigers bestehen kann, nicht aber, ob er tatsächlich besteht und dem Schuldner und nicht etwa einem Dritten zusteht. Nach dem System der ZPO liegt es vielmehr jeweils bei dem Dritten, sein Recht mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) geltend zu machen.

 

a) Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfen

 

    Die Drittwiderspruchsklage ist eine prozessuale Gestaltungsklage (vgl. BGHZ 58, 207; T/P 771/1). Sie eröffnet ein Erkenntnisverfahren außerhalb des Vollstreckungsverfahrens selbst. Dieses Erkenntnisverfahren hat zum Ziel, die (vollstreckungsrechtlich zulässige) Zwangsvollstreckung in einen bestimmten Gegenstand, an dem der Kläger ein materielles Recht hat, rechtsgestaltend für unzulässig zu erklären (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 574, 575).

     

    aa) Anders als die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) wird die Drittwiderspruchsklage grundsätzlich nicht vom Schuldner, sondern von einem außerhalb des Vollstreckungsverfahrens stehenden Dritten erhoben und richtet sich nicht gegen den titulierten Anspruch, sondern gegen die Zwangsvollstreckung in einen bestimmten Gegenstand.

     

    bb) Anders als bei der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) gelten die formellen Anforderungen an eine Klage (vgl. § 253 ZPO). Ferner wird die Drittwiderspruchsklage mit dem materiellen Recht, nicht mit der Verletzung vollstreckungsrechtlicher Verfahrensvorschriften begründet.

     

    Überschneidungen können entstehen und damit Vollstreckungserinnerung und Drittwiderspruchsklage nebeneinander zulässig sein,

     

      (1) wenn ausnahmsweise das Vollstreckungsorgan das materielle Recht zu prüfen hat (z.B. evidentes Dritteigentum, s.o.) sowie

         

      (2) im Rahmen des § 809 ZPO (Bsp.: Der Gerichtsvollzieher pfändet die Sache bei einem Dritten, der nicht zur Herausgabe bereit und gleichzeitig Eigentümer ist. Hier kann eine Vollstreckungserinnerung mit Erfolg auf den Verstoß gegen § 809 ZPO und eine Drittwiderspruchsklage mit Erfolg auf das Eigentum gestützt werden).

 

    cc) Anders als mit der Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO) soll mit der Drittwiderspruchsklage keine bevorzugte Befriedigung aus dem Vollstreckungserlös unter Fortsetzung der Zwangsvollstreckung, sondern gerade deren – auf den bestimmten Gegenstand bezogene – Beendigung durch Unzulässigerklärung erreicht werden. Ferner kann die Drittwiderspruchsklage nicht erfolgreich auf besitzlose Pfandrechte gestützt werden. Die Vorzugsklage ist zudem auf die Fahrnisvollstreckung beschränkt.

     

    dd) Im Anwendungsbereich von § 771 ZPO sind während der gesamten Dauer der Zwangsvollstreckung Klagen des Dritten gegen den Gläubiger aus dem materiellen Recht, etwa auf Herausgabe der Pfandsache oder auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung (§§ 823 Abs. 1, 985, 1004 BGB), ausgeschlossen (vgl. z.B. BGH NJW 1989, 2542 m.w.N.; T/P 771/4; Zöller/Herget a.a.O., § 771 Rn. 4). § 771 ZPO ist insoweit während der Dauer der Zwangsvollstreckung lex specialis (Lackmann a.a.O., Rn. 579). Bei einer derartigen Klage vor dem für eine Drittwiderspruchsklage gemäß §§ 771, 802 ZPO zuständigen Gericht ist an Umdeutung in eine Drittwiderspruchsklage zu denken (vgl. Zöller/Herget a.a.O). Nach vollständiger Beendigung der Zwangsvollstreckung (und der daraus folgenden Unzulässigkeit der Drittwiderspruchsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses) sind für den Dritten ggf. Schadensersatz- oder Bereicherungsklagen zulässig (s.u.).

 

b) Zulässigkeit

 

    aa) Statthaftigkeit

    Die Drittwiderspruchsklage ist statthaft, wenn ein Dritter (nicht der Gläubiger oder – grundsätzlich – der Schuldner) behauptet (ob ihm das Recht tatsächlich zusteht, wird erst im Rahmen der Begründetheit geprüft), ihm stehe an dem Gegenstand der Vollstreckung (d.h. der Sache oder dem Recht, in das vollstreckt wird, nicht etwa der titulierten Forderung) ein die Veräußerung hinderndes Recht zu (hierzu s.u.).

     

    bb) Zuständigkeit

    Örtlich ausschließlich zuständig ist gemäß §§ 771 Abs. 1, 802 ZPO das Gericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den allgemeinen Regeln und ist nicht ausschließlich.

     

    cc) Antrag, Tenor

    Klageantrag und Urteilstenor lauten etwa: “Die Zwangsvollstreckung des Beklagten (oder genauer: Die im Auftrag des Beklagten am ... durch den Gerichtsvollzieher vorgenommene Pfändung) aus dem Urteil des ... vom ..., Az. ..., in den Pkw ... wird für unzulässig erklärt” (vgl. z.B. T/P 771/7; Lackmann a.a.O., Rn. 583). Unklar gefaßte Anträge sind nach dem erkennbaren Rechtsschutzziel des Klägers auszulegen; hier empfiehlt es sich in der Regel, den Antrag im Tatbestand wörtlich wiederzugeben und die Auslegung in den Entscheidungsgründen vorzunehmen.

     

    dd) Rechtsschutzbedürfnis

    Das Rechtsschutzbedürfnis besteht grundsätzlich

       

      -  ab Beginn der Zwangsvollstreckung (das ist in der Regel die erste Vollstreckungsmaßnahme, da erst hiermit deutlich wird, in welchen Gegenstand vollstreckt werden soll); ausnahmsweise – etwa bei der Herausgabevollstreckung – bereits ab Erlaß des Titels, wenn sich aus diesem bereits ergibt, um welchen Vollstreckungsgegenstand es sich handeln wird (vgl. T/P 771/10; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1405; Lackmann a.a.O., Rn. 584)

       

      - bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung (falls diese im Verlauf des Rechtsstreits eintritt, kann der Kläger die Drittwiderspruchsklage in der Hauptsache für erledigt erklären oder die Klage auf Zahlung von Schadensersatz oder Herausgabe der Bereicherung umstellen, § 264 Nr. 3 ZPO).

       

    Die Möglichkeit, erfolgreich Vollstreckungserinnerung einzulegen, kann ein Rechtsschutzbedürfnis für die Drittwiderspruchsklage höchstens dann hindern, wenn – ausnahmsweise – mit der Erinnerung erkennbar und ohne Risiko das gleiche Ziel erreicht werden kann (vgl. OLG Bamberg JR 1955, 25; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1406; Lackmann a.a.O., Rn. 585).

     

    Das Rechtsschutzbedürfnis besteht grundsätzlich auch im Fall von nichtigen Vollstreckungsakten, da diese den Schein einer wirksamen Pfändung hervorrufen können, der dazu führen kann, daß der Pfändungsgegenstand versteigert wird oder der Drittschuldner an den Gläubiger zahlt (vgl. BGH WM 1981, 648; T/P 771/10; Lackmann a.a.O., Rn. 586). Ausnahmsweise kann das Rechtsschutzbedürfnis aber fehlen, wenn die Nichtigkeit eindeutig ist und zwischen den Beteiligten außer Streit steht (vgl. RGZ 81, 190; OLG Hamburg MDR 1959, 933; Lackmann a.a.O., Rn. 586; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1407). In Klausuren kann die Frage der Nichtigkeit oder bloßen Anfechtbarkeit des Vollstreckungsaktes unter dem Prüfungspunkt “Rechtsschutzbedürfnis” daher regelmäßig offengelassen werden (Lackmann a.a.O., Rn. 586 mit Formulierungsbeispiel).

     

c) Begründetheit

 

    aa) Die Drittwiderspruchsklage steht dem Dritten zu, niemals dem Gläubiger und grundsätzlich auch nicht dem Schuldner (anders nur, wenn dieser nur mit einer bestimmten Vermögensmasse haftet, wie etwa Parteien kraft Amtes, z.B. der Insolvenzverwalter, vgl. T/P 771/9; Lackmann a.a.O., Rn. 588; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1409). § 771 ZPO ist analog auch auf Fälle der Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG) anzuwenden (vgl. BGH FamRZ 1972, 363; BGH NJW 1985, 3066; BGH FamRZ 1991, 547; Lackmann a.a.O., Rn. 580, 588), wenn ein Miteigentümer die Versteigerung mit materiell-rechtlichen Einwendungen verhindern will; auch diesem Miteigentümer steht also die Drittwiderspruchsklage zu. Ob diese Frage, soweit sie, wie bei Drittwiderspruchsklagen des Schuldners oder bei der Teilungsversteigerung, ausnahmsweise einmal zu erörtern ist, im Rahmen der Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt der Prozeßführungsbefugnis (so z.B. T/P 771/9) oder aber im Rahmen der Begründetheit unter dem Gesichtspunkt der Sachlegitimation des Klägers (steht ihm das die Veräußerung hindernde Recht zu? – so z.B. Lackmann a.a.O., Rn. 588; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1409; Musielak a.a.O., § 771 Rn. 11; wohl auch Zöller/Herget a.a.O., § 771 Rn. 9) zu erörtern ist, ist streitig.

 

    bb) Anspruchsgrundlage des Klägers ist entweder § 771 Abs. 1 ZPO oder das die Veräußerung hindernde Recht selbst (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 589).

     

    cc) Ein “die Veräußerung hinderndes Recht” im Sinne des § 771 Abs. 1 ZPO liegt vor,

     

      wenn der Schuldner selbst, veräußerte er den Vollstreckungsgegenstand, widerrechtlich in den Rechtskreis des Dritten eingreifen würde und deshalb der Dritte den Schuldner hindern könnte, zu veräußern.

 

    Dann soll der Dritte auch die Gläubiger des Schuldners daran hindern können, die Sache im Wege der Zwangsvollstreckung verwerten zu können (vgl. BGHZ 55, 20, 26).

 

    Dementsprechend mögen die Entscheidungsgründe in einem völlig unproblematischen Fall auszugsweise etwa lauten (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 590):

     

    “Die Klage ist begründet.

     

    Dem Kläger steht ein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne des § 771 Abs. 1 ZPO zu, nämlich das Eigentum. Würde der Schuldner die gepfändete Sache veräußern wollen, griffe er widerrechtlich in das Eigentum des Klägers ein, § 903 BGB, was dieser gemäß § 1004 BGB verhindern könnte.”

     

    Als die Veräußerung hindernde Rechte kommen etwa in Betracht:

     

      aaa)  Eigentum

        Auch Miteigentum und Gesamthandseigentum zugunsten des Eigentümers, der nicht Vollstreckungsschuldner ist. In Klausuren ist eine sorgfältige Prüfung des Eigentumsübergangs durchzuführen. Die Beweislastregeln der §§ 1006, 1362 BGB sind ggf. zu beachten.

       

      bbb) Vorbehaltseigentum

        Zu denken ist an Konstellationen, in denen Gläubiger des Käufers (1) oder des Verkäufers (2) in die noch nicht vollständig abgezahlte, beim Käufer befindliche Kaufsache vollstrecken:

       

        (1) Vollstreckung von Gläubigern des Käufers

 

        Hierzu zunächst ein Exkurs zur Pfändung des Anwartschaftsrechts bei beweglichen Sachen:

       

        Vor vollständiger Kaufpreiszahlung hat der Käufer nur ein Anwartschaftsrecht an der Kaufsache; Eigentümer ist noch der Verkäufer. Zur Pfändung dieses Anwartschaftsrechtes, das als Vermögenswert für Gläubiger des Käufers besonders dann von Interesse ist, wenn nur noch wenige Kaufpreisraten zu zahlen sind, werden überwiegend vier Theorien vertreten:

         

          - Nach der Theorie der Rechtspfändung (vertreten z.B. von Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, 12. Aufl., Rn. 550; dies., Lehrbuch des Sachenrechts, 16, Aufl., § 59 V 4 a) wird das Anwartschaftsrecht nach den §§ 857, 828, 829 ZPO durch Erlaß eines Pfändungsbeschlusses gepfändet. Der Käufer darf dann zwar nicht mehr über das Anwartschaftrecht verfügen (vgl. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO), kann aber noch den Restkaufpreis zahlen und dadurch das gepfändete Anwartschaftsrecht zum Erlöschen bringen und Volleigentum erwerben. Da das Anwartschaftsrecht allein wegen dieser Möglichkeit des Untergangs dem Gläubiger nur geringen praktischen Nutzen bringt, ist dessen Pfändung für den Gläubiger nur dann sinnvoll, wenn sich das Pfandrecht an dem Anwartschaftrecht nach Bedingungseintritt in ein Pfandrecht an der Sache umwandelt. Die Vertreter der Theorie der Rechtspfändung nehmen eine solche Umwandlung in analoger Anwendung von
          § 1287 BGB bzw. § 847 ZPO
          an (Baur/Stürner, jeweils a.a.O.). Einer derartigen analogen Anwandung dürfte jedoch entgegenstehen, daß nach diesen Vorschriften der Pfandgläubiger (vgl. §§ 1282 Abs. 2 Satz 1, 1281 Satz 1 BGB) bzw. der Gerichtsvollzieher (vgl. § 847 ZPO) Besitz an der Sache haben muß, die dort vorgesehene Umwandlung also einen Publizitätsakt voraussetzt, während im Fall des Erlasses eines Pfändungsbeschlusses nach §§ 857, 828 f. ZPO die notwendige Publizität gerade fehlt (vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 809). Die Sache müßte demnach nach Bedingungseintritt selbständig gepfändet werden, was die Gefahr birgt, daß andere Gläubiger durch vorhergehende Pfändungen der Sache bereits einen besseren Rang erlangt haben.

           

          - Nach der Theorie der reinen Sachpfändung (vgl. z.B. Raiser, Dingliche Anwartschaften, S. 91 ff.; Hübner, NJW 1980, 729, 733) wird das Anwartschaftsrecht so gepfändet, wie es übertragen wird , d.h. die Pfändung des Rechts erfolgt durch die Pfändung der Sache durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Inbesitznahme und Kenntlichmachung (§ 808 ZPO). Dieser Theorie wird entgegengehalten, daß der Gläubiger so gezwungen wird, in eine schuldnerfremde Sache zu vollstrecken, und sich der (begründeten) Drittwiderspruchsklage des Verkäufers aussetzt (vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 811; Lackmann a.a.O., Rn. 371). Die Gefahr der drohenden Drittwiderspruchsklage läßt sich nur vermeiden, wenn man dem Verkäufer stattdessen lediglich die Vorzugsklage nach
          § 805 ZPO zubilligt. Hierdurch ist der Verkäufer jedoch nicht hinreichend geschützt, da der Versteigerungserlös niedriger sein mag als der noch nicht gezahlte Restkaufpreis (vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 811).

           

          - Nach der Theorie der Rechtspfändung in Form der Sachpfändung (vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 812) wird das Anwartschaftsrecht zwar auch vom Gerichtsvollzieher durch Inbesitznahme der Sache und Kenntlichmachung (§ 808 ZPO) gepfändet, wodurch aber nicht in die Sache, sondern lediglich in das Anwartschaftsrecht vollstreckt wird. Der Gerichtsvollzieher hat einen entsprechenden Vermerk in das Pfändungsprotokoll aufzunehmen. Dieser Theorie wird entgegengehalten, sie vermische die Regeln der Sach- und Rechtspfändung. Eine derartige Vermischung sehe das Gesetz allein in § 831 ZPO vor, wo aufgrund der Notwendigkeit der Urkunden für die Rechtsübertragung eine Ausnahmeregelung auch erforderlich sei; diese Konstellation sei mit dem Anwartschaftsrecht und dessen Verhältnis zur gepfändeten Sache nicht vergleichbar (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 371).

           

          - Rechtsprechung und herrschende Lehre vertreten die Theorie der Doppelpfändung (vgl. z.B. BGH NJW 1954, 1325; T/P 808/17; Zöller/Stöber a.a.O., § 857 Rn. 6; Musielak a.a.O., § 857 Rn. 7; Lackmann a.a.O., Rn. 371; Jauernig a.a.O., § 20 III 2). Danach ist das Anwartschaftsrecht im Wege der Forderungspfändung und zudem die Sache im Wege der Sachpfändung zu pfänden. Die Pfändung des Anwartschaftsrechts begründet an diesem ein Pfändungspfandrecht; durch die Sachpfändung wird die erforderliche Publizität für den Übergang des Pfandrechts auf die Sache bei Bedingungseintritt geschaffen. Die Pfändung des Anwartschaftsrechts nimmt dem Schuldner das Widerspruchsrecht nach § 267 Abs. 2 BGB, das den Bedingungseintritt vereiteln könnte; ihr Zeitpunkt ist zudem für den Rang entscheidend.

           

        Gegen eine Vollstreckung von Gläubigern des Käufers steht dem Verkäufer als Drittem nach h.M. die Drittwiderspruchsklage zu (vgl. BGHZ 54, 214, 218; BGHZ 55, 20, 27; Lackmann a.a.O., Rn. 593; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1412). Die vereinzelt vertretene Gegenansicht, die hier nur die Vorzugsklage nach § 805 ZPO geben will (vgl. z.B. Hübner NJW 1980, 729; Schwerdtner Jura 1980, 661), resultiert aus der von der h.M. abgelehnten Theorie der reinen Sachpfändung (s.o.) und berücksichtigt nicht hinreichend, daß der Verkäufer als Volleigentümer mit der Vorzugsklage nicht ausreichend geschützt ist. Er kann dann die Pfändung und Verwertung nicht verhindern, wobei der ihm bei Erfolg der Vorzugsklage zustehende Versteigerungserlös durchaus geringer sein kann als der ihm gebührende Restkaufpreis oder der evtl. durch ihn selbst zu erzielende Erlös (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 593; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1412).

       

        Der Gläubiger des Käufers als Beklagter hat jedoch die Möglichkeit, den Kaufpreisrest gemäß § 267 BGB zu zahlen und damit den Eigentumsverlust des Klägers herbeizuführen.

 

        (2) Vollstreckung von Gläubigern des Verkäufers

 

        Gegenüber einer Vollstreckung von Gläubigern des Verkäufers wird der Käufer als Dritter, der auch gemäß § 809 ZPO den Gewahrsam ausübt, regelmäßig seine fehlende Herausgabe-bereitschaft erklären und ggf. Vollstreckungserinnerung einlegen können. Neben der Erinnerung oder – im Fall der Herausgabebereitschaft, wobei dann aber zu prüfen sein wird, ob darin ggf. ein Verzicht auf die Drittwiderspruchsklage liegt – auch allein steht dem Käufer aber auch die Drittwiderspruchsklage zu. Diese läßt sich auf das Anwartschaftsrecht des Käufers stützen, der davor zu schützen ist, wegen des lastenfreien Erwerbs eines etwaigen Ersteigerers in der Zwangsvollstreckung auch durch die Restzahlung den Eigentumserwerb nicht mehr herbeiführen zu können (vgl. BGHZ 55, 20; T/P 771/15; Lackmann a.a.O., Rn. 593). Daher kann der Käufer nach überwiegender Ansicht auch nur der Verwertung widersprechen (vgl. BGHZ 55, 20, 26 f.; Lackmann a.a.O., Rn. 593), während er sich gegen die Pfändung mit Erfolg erst nach vollständiger Restkaufpreiszahlung, d.h. gestützt auf sein hierdurch erworbenes Eigentum, wenden kann (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 593).

 

      ccc) Sicherungseigentum

 

      Grundkonstellation: Der Sicherungsgeber erwirbt ein Fahrzeug und nimmt zu dessen Finanzierung bei dem einem privaten Kreditgeber (= Sicherungsnehmer) ein Darlehen auf. Zu dessen Absicherung übereignet er das Fahrzeug sicherungshalber dem Sicherungsnehmer.

         

        (1) Vollstreckung von Gläubigern des Sicherungsnehmers

         

        Vollstreckt ein Gläubiger des Sicherungsnehmers, der durch die Sicherungsübereignung Eigentümer des Fahrzeugs geworden ist, in dieses Fahrzeug, steht dem Sicherungsgeber nach ganz h.M. jedenfalls bis zum Eintritt der Verwertungsreife ein Interventionsrecht zu (vgl. BGHZ 72, 141; T/P 771/19; Zöller/Herget a.a.O., § 771 Rn. 14 “Sicherungsübereignung”; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 18; Lackmann a.a.O., Rn. 594; Jauernig a.a.O, § 13 IV 1 a; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1416; Schellhammer, Sachenrecht, Rn. 1283). Die Sache gehört wirtschaftlich nämlich zum Vermögen des Sicherungsgebers, der sie weiterhin nutzt. Die Sicherungsübereignung dient lediglich der Sicherung, nicht aber der Befriedigung des Sicherungsnehmers. Erst mit dem Eintritt der Verwertungsreife, die sich aus dem der Sicherungsübereignung zugrunde liegenden Sicherungsvertrag ergibt, steht der Gegenstand dem Sicherungs-eigentümer auch wirtschaftlich zu, so daß der Sicherungsgeber nicht mehr intervenieren darf (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 18; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1416; Lackmann a.a.O., Rn. 594).

         

        Die nur vereinzelt vertretene Gegenansicht gibt dem Sicherungsgeber hingegen erst dann ein Interventionsrecht, wenn die gesicherte Forderung beglichen worden ist (vgl. Weber NJW 1976, 1601).

         

        (2) Vollstreckung von Gläubigern des Sicherungsgebers

         

        Vollstreckt ein Gläubiger des Sicherungsgebers, der das Fahrzeug zur Sicherheit an den Sicherungsnehmer übereignet hat, steht dem Sicherungsnehmer und Sicherungseigentümer des Fahrzeugs nach h.M. ein Interventionsrecht nach § 771 ZPO zu, solange der zu sichernde Anspruch besteht (vgl. z.B. BGHZ 80, 296; Zöller/Herget a.a.O., § 771 Rn. 14 “Sicherungsübereignung”; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 19; Lackmann a.a.O., Rn. 594; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1417).

         

        Die Gegenmeinung hält hingegen § 805 ZPO für anwendbar und meint, ein Interventionsrecht sei nicht gegeben; das Sicherungseigentum stehe wirtschaftlich vielmehr eher einem besitzlosen Pfandrecht gleich. Es werde auch in der Insolvenz wie ein Pfandrecht behandelt, das nur zur Absonderung und nicht zur Aussonderung berechtige (§ 51 Nr. 1 InsO; vgl. zu dieser Auffassung Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O., § 771 Rn. 26; Münchener Kommentar zur ZPO/Schmidt, § 771 Rn. 29). Dieser Aufassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Sicherungseigentümer juristisch gesehen Volleigentümer ist. Er hat aufgrund der Sicherungsabrede regelmäßig ein Recht, sich durch freihändigen Verkauf aus der Sache zu befriedigen. Diese Möglichkeit würde ihm durch die Zwangsvollstreckung genommen, die zudem meist auch zu geringeren Erlösen führt (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 19; Lackmann a.a.O., Rn. 594; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1417; Schellhammer, Sachenrecht, Rn. 1282; vgl. zur ähnlichen Lage bei der Vorbehaltsübereignung auch oben [2] [a]).

         

      ddd) Inhaberschaft an Forderungen

 

      Dem (nicht mit dem Vollstreckungsschuldner identischen) Inhaber einer Forderung steht ein Interventionsrecht zu (vgl. T/P 771/16; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1413). Zwar geht die Pfändung einer schuldnerfremden Forderung ins Leere (s.o.), bleibt also – auch gegenüber dem Forderungsinhaber – wirkungslos. Dem Forderungsinhaber soll es aber ermöglicht werden, mit der Drittwiderspruchsklage bereits den Rechtsschein einer wirksamen Pfändung zu vernichten (s.o.; vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 20; Lackmann a.a.O., Rn. 595; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1413).

         

      Im Fall einer Sicherungsabtretung der Forderung gelten die oben zur Sicherungsübereignung dargestellten Grundsätze entsprechend (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 20).

 

      eee) Uneigennützige Treuhand

 

      Beispiele: Inkassozession; Notar- oder Rechtsanwaltsanderkonten, die ausschließlich der Aufnahme und Verwaltung von Fremdgeldern dienen.

         

        (1) Vollstreckung von Gläubigern des Treuhänders

         

        Zahlt der Treugeber Gelder auf ein solches Anderkonto ein, gehören sie wirtschaftlich und auch haftungsrechtlich nach wie vor zu seinem Vermögen, so daß auch nur ihm und nicht etwa dem Treuhänder (also dem Notar oder Anwalt) ein Interventionsrecht zusteht, wenn Gläubiger des Treuhänders vollstrecken (vgl. BGHZ 11, 37; BGHZ 61, 72; BGH NJW 1971, 559; BGH NJW 1996, 1543; T/P 771/19; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1415). Weitere Voraussetzung für den Erfolg der Klage ist dann, daß die Vollstreckung sich nicht im Rahmen des Treuzwecks hält (vgl. BGH NJW 1959, 1223; Musielak/Lackmann a.a.O., Rn. 21; Lackmann a.a.O., Rn. 596; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1415).

         

        (2) Vollstreckung von Gläubigern des Treugebers

         

        Vollstrecken hingegen Gläubiger des Treugebers, steht dem uneigennützigen Treuhänder kein Interventionsrecht zu, da der Vollstreckungsgegenstand wirtschaftlich nicht zu seinem Vermögen, sondern zum Vermögen des Treugebers gehört (vgl. BGHZ 11, 37; T/P 771/19; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 21; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1415).

         

      fff) Beschränkt dingliche Rechte

       

        - Beschränkt dingliche Rechte wie etwa die Grundpfandrechte, das (dingliche) Wohnungsrecht, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch geben dem Inhaber nur insoweit ein Interventionsrecht, als sie durch die Zwangsvollstreckung beeinträchtigt werden (vgl. T/P 771/17). So wird ein Immobiliarpfandrecht durch die nachfolgende Eintragung einer Zwangshypothek nicht beeinträchtigt, weil der Vollstreckungsgläubiger jeweils nur einen dem Inhaber des Pfandrechts nachfolgenden und damit schlechteren Rang haben kann (vgl. T/P 771/17; Lackmann a.a.O., Rn. 597). Demgegenüber steht dem Grundpfandrechtsgläubiger die Drittwiderspruchsklage zu, wenn Grundstückszubehör, auf das sich sein Pfandrecht erstreckt, gepfändet wird. Er kann die auf § 1120 BGB gestützte Drittwiderspruchsklage, daneben aber auch die auf eine Verletzung von § 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO gestützte Vollstreckungserinnerung einlegen (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 597).

         

        - das Mobiliarpfandrecht gibt nach h.M. dann, wenn es sich nicht um ein besitzloses Pfandrecht handelt, ein Interventionsrecht (vgl. z.B. Zöller/Herget a.a.O., § 771 Rn. 14 “Pfandrecht”; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 23; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1418). Die Gegenansicht will dem Pfandgläubiger nur die Vorzugsklage nach § 805 ZPO geben, da sein Recht durch die Pfändung nicht beeinträchtigt werde. Bei besitzlosen Pfandrechten hat der Pfandgläubiger nach allgemeiner Ansicht nur die Vorzugsklage (vgl. bereits den Wortlaut von § 805 ZPO).

         

      ggg) Besitz

       

        Der Besitz an unbeweglichen Sachen gibt nach allgemeiner Ansicht kein Interventionsrecht, da er, wie sich aus § 891 BGB ergibt, für die dingliche Rechtslage keine Bedeutung hat (vgl. T/P 771/21; Lackmann a.a.O., Rn. 598; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1419).

         

        Der berechtigte Besitz (auch mittelbarer Besitz, Mitbesitz) beweglicher Sachen gibt nach h.M. ein Interventionsrecht (vgl. BGHZ 2, 164; Zöller/Herget a.a.O., § 771 Rn. 14 “Besitz”; Baumbach/Lauterbach/
        Hartmann a.a.O., § 771 Rn. 15). Die Gegenansicht hält das unter Hinweis auf die Eigenschaft des Besitzes als bloß tatsächlichem Verhältnis, das nichts darüber aussage, in wessen Vermögen die Sache stehe, für unzutreffend (vgl. T/P 771/21; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 24; Lackmann a.a.O., Rn. 598; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1420). In Klausuren sollte, worauf Lackmann (a.a.O., Rn. 598) zutreffend hinweist, jedenfalls nicht versucht werden, einen Streit der Parteien über Herausgabeansprüche, Eigentum o.ä. durch das Abstellen auf den Besitz zu umgehen. Dies dürfte, da auch die Berechtigung des Besitzes zu prüfen ist und im Zweifel die streitigen Fragen ohnehin dort zu klären sind, auch kaum gelingen (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 598). In der Praxis hilft dem unmittelbaren Besitzer, der gegenüber dem Gerichtsvollzieher seine Herausgabebereitschaft nicht erklären wird, bereits § 809 ZPO; der mittelbare Besitz wird dem Berechtigten einen obligatorischen Herausgabeanspruch geben (vgl. § 868 BGB), der seinerseits ein Interventionsrecht darstellt (s.u.), so daß dem Meinungsstreit keine große praktische Bedeutung zukommt (vgl. Jauernig a.a.O., § 13 IV 1 c; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1420).

       

      hhh) Schuldrechtliche Ansprüche

         

        (1) Schuldrechtliche Herausgabeansprüche

         

        wie etwa aus einem Miet- (§ 556 BGB a.F. bzw. § 546 BGB n.F.), Pacht- (§§ 581 Abs. 2 i.V.m. 556 BGB a.F. bzw. 546 BGB n.F.) oder Leihvertrag (§ 604 BGB) geben grundsätzlich ein Interventionsrecht, auch wenn der Dritte nicht Eigentümer der Sache ist, weil der Gegenstand wirtschaftlich nicht zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners gehört (vgl. T/P 771/18; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 25). Wenn der Vollstreckungsschuldner aber Eigentümer und der Dritte nur mittelbarer Besitzer ist, hat der Dritte kein Interventionsrecht (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 25; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O., § 771 Rn. 20).

         

        (2) Schuldrechtliche Verschaffungsansprüche

         

        wie etwa derjenige des Käufers aus einem Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) geben hingegen kein Interventionsrecht, da die zu verschaffende Sache rechtlich und wirtschaftlich noch im Eigentum des zur Verschaffung Verpflichteten steht (vgl. T/P 771/18; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 26), und zwar selbst dann, wenn sie – etwa durch eine Vormerkung – bereits dinglich gesichert sind (vgl. BGH NJW 1994, 128; Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 26; Baumbach/Lauterbach/
        Hartmann a.a.O., § 771 Rn. 20; Jauernig a.a.O., § 13 IV 2).

         

        (3) Leasingverträge

         

        Bei Leasingverträgen ist zwischen Operating-Leasing und Finanzierungsleasing zu unterscheiden.

         

        Beim Operating-Leasing (bei diesen mietvertragsähnlichen Verträgen erstrebt der Leasinggeber die volle Amortisation seines Anschaffungsaufwandes nicht bereits durch einmaliges, sondern erst durch mehrfaches Überlassen des Leasinggegenstands an verschiedene  Leasingnehmer; es wird keine oder nur eine  im Verhältnis zur gewöhnlichen Nutzungsdauer der Leasingsache sehr kurze feste Vertragslaufzeit vereinbart und der Vertrag ist im übrigen jederzeit frei kündbar, vgl. BGH NZM 1998, 330) gibt der schuldrechtliche Herausgabeanspruch aus dem Leasingvertrag oder ggf. das Eigentum dem Leasinggeber ein Interventionsrecht (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O.,
        § 771 Rn. 27). Dem Leasingnehmer hingegen steht kein Interventionsrecht zu. Ihm verbleibt nur die Möglichkeit, gegenüber dem Gerichtsvollzieher seine Herausgabebereitschaft zu verweigern (§ 809 ZPO; vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 27; Münchener Kommentar zur ZPO/Schmidt, § 771 Rn. 31).

         

        Beim wesentlich verbreiteteren Finanzierungsleasing (hier ist der Leasingvertrag langfristig ausgelegt und so berechnet, daß zum Vertragsende der Leasinggeber den Gegenwert der Sache und einen Gewinn erhalten hat), das eher einem Abzahlungskauf ähnelt, hat der Leasinggeber eine dem Vorbehaltsverkäufer ähnliche Stellung inne. Ihm steht gegenüber einer Pfändung durch Gläubiger des Leasingnehmers ein Interventionsrecht zu (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 28; Lackmann a.a.O., Rn. 601; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1424). Der Leasingnehmer steht jedoch schlechter als der Vorbehaltskäufer, weil er kein Anwartschaftsrecht hat. Daher steht ihm auch kein Interventionsrecht zu. Es verbleibt ihm wie beim Operating-Leasing nur der Schutz des § 809 ZPO (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 28; Münchener Kommentar zur ZPO/Schmidt, § 771 Rn. 31; Lackmann a.a.O., Rn. 601; a.A. Baur/Stürner a.a.O., Rn. 779).

         

        (4) Anfechtungsrechte nach dem AnfG und den §§ 129 ff. InsO

         

        Nach der Rechtsprechung des BGH sind die auf die Anfechtung gegründeten Rückgewähransprüche der Anfechtenden einer Gläubigeranfechtung innerhalb (dann Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO) oder außerhalb (dann Anfechtung nach dem AnfG) der Insolvenz als schuldrechtliche Verschaffungsansprüche keine die Veräußerung hindernden Rechte (vgl. BGH NJW 1990, 990 zur Anfechtung nach der KO). Ein derartiger Rückgewähranspruch ist danach nicht mit dem Herausgabeanspruch des Eigentümers oder Besitzers vergleichbar, sondern lediglich mit dem Anspruch des Käufers auf Übereignung oder Abtretung des gekauften Gegenstandes (vgl. BGH a.a.O).

         

        Die in der Literatur vorherrschende Gegenansicht läßt dennoch die Drittwiderspruchsklage zu, da der Anspruch des Anfechtenden wirtschaftlich eher einem Herausgabeanspruch gleichstehe und die Anfechtungswirkungen außerhalb der Insolvenz über einen Verschaffungsanspruch hinausgingen, da sie einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung geben, was im Ergebnis auch für die Insolvenz gelte (vgl. Musielak/Lackmann a.a.O., § 771 Rn. 29; Münchener Kommentar zur ZPO/Schmidt, § 771 ZPO Rn. 44).

         

    dd) Es gibt eine Reihe von gegenüber der Drittwiderspruchsklage typischen Einwendungen (im untechnischen Sinn, denn selbstverständlich gilt auch für die Drittwiderspruchsklage das Relationsschema, vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 591) des jeweiligen Beklagten, auf die im Folgenden kurz eingegangen werden soll.

         

      (1) Nichtigkeit des Übertragungsgeschäfts

         

      Wenn der Schuldner dem Dritten den Vollstreckungsgegenstand nur zum Schein übertragen hat, ist das Übertragungsgeschäft gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig (vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 1431). Die Beweislast für das Vorliegen eines Scheingeschäftes trägt der Beklagte (vgl. BGH NJW 1988, 2597; BGH NJW 1999, 3481; P 117/9). Der Einwand wird häufig nicht zum Erfolg führen: Ein Scheingeschäft liegt nämlich nur vor, wenn die Parteien den mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Erfolg nicht eintreten lassen wollen (vgl. P 117/3), nicht aber, wenn der von den Parteien erstrebte Erfolg gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt (vgl. P 117/4), etwa, weil die Vollstreckung vereitelt werden soll (vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 1431).

         

      Wenn das Übertragungsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt, ist es gemäß
      § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Typische Beispiele, bei denen Sittenwidrigkeit zu prüfen ist: Es liegen Knebelverträge oder Verträge zu dem alleinigen Zweck, Gläubiger zu benachteiligen oder über die Kreditwürdigkeit zu täuschen, vor (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 605). Zu Prüfen ist immer die Wirksamkeit des an sich wertneutralen Verfügungsgeschäfts (Einigung über den Eigentumsübergang), auf das die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäftes durchschlagen kann, was etwa bei Täuschungen über die Kreditwürdigkeit (vgl. Erman/Palm, BGB, 10. Aufl.,
      § 138 Rn. 53) oder Knebelverträgen (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 605) der Fall sein kann.

         

      (2) Anfechtung nach dem AnfG

         

      Hat der Dritte den Vollstreckungsgegenstand durch eine nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) anfechtbare Rechtshandlung erlangt, kann der Gläubiger die Anfechtung der Rechtshandlung einredeweise geltend machen (vgl. § 9 AnfG), was zur Abweisung der Drittwiderspruchsklage führen kann.

         

      Ein kurzer Exkurs: Die Anfechtung nach dem AnfG (ähnliche Regelungen für die Anfechtung innerhalb der Insolvenz enthalten die §§ 129 ff. InsO) bewirkt nicht wie die Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB die Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts, sondern führt dazu, daß der Vollstreckungsgegenstand dem Gläuiger, soweit dies zu seiner Befriedigung erforderlich ist, zur Verfügung gestellt wird (vgl. § 11 AnfG). Der Gläubiger kann also von dem Anfechtungsgegner verlangen, daß dieser die Zwangsvollstreckung in den Vollstreckungsgegenstand duldet. Hierauf sind sowohl die Einwendung als auch eine Klage nach dem AnfG gerichtet, der Klageantrag und Urteilstenor einer Anfechtungsklage gehen also auf die Verpflichtung zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den näher zu bezeichnenden Vollstreckungsgegenstand (vgl. zu examenswichtigen Fragen der Anfechtung nach dem AnfG näher Lackmann a.a.O., Rn. 620-632; Brox/Walker a.a.O., Rn. 261 ff.). Ungeschriebene Voraussetzung für alle Anfechtungstatbestände ist die objektive Benachteiligung, d.h. Schlechterstellung, des Gläubigers beim vollstreckungsrechtlichen Zugriff auf das Schuldnervermögen durch die angefochtene Rechtshandlung.

         

      Gegenüber der Drittwiderspruchklage wird häufig die Einrede der “Absichtsanfechtung” (§ 3 Abs. 1 AnfG; in der neuen Fassung des AnfG ist bei gleichgebliebener Bedeutung die Tatbestandsvoraussetzung “Absicht” durch “Vorsatz” ersetzt worden) erhoben: Der Schuldner hat innerhalb der zehnjährigen Anfechtungsfrist die dem Beklagten objektiv nachteilige Rechtshandlung mit dem Vorsatz vorgenommen, seine Gläubiger zu benachteiligen; von diesem Vorsatz wußte der Kläger. Die Kenntnis wird unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG vermutet. Der Benachteiligungsvorsatz und – soweit die Vermutung nicht greift – die Kenntnis des Klägers von diesem Benachteiligungsvorsatz sind vom Anfechtenden, hier also vom Beklagten, zu beweisen. In den Fällen der inkongruenten Deckung (eine auch auf die Anfechtung nach dem AnfG übertragbare Definition findet sich in § 131 Abs. 1 InsO) stellt die Inkongruenz der Deckung ein starkes Beweisanzeichen für die Benachteiligungsabsicht und die Kenntnis des Klägers vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 627 m.w.N.).

         

      Ferner kann die Einrede der Schenkungsanfechtung erhoben werden (§ 4 AnfG). Hier ist häufig die Unentgeltlichkeit problematisch: Zwar ist im Rahmen der durch den Zweck des Anfechtungsgesetzes, Vollstreckungsvereitelungen zu verhindern, gebotenen weiten Auslegung keine Einigung zwischen Leistendem und Empfänger über die Unentgeltlichkeit erforderlich (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1379 zur Konkursanfechtung; Lackmann a.a.O., Rn. 628). Bei erheblich unter Wert veräußerten Gegenständen ist auf die Grundsätze der gemischten Schenkung zurückzugreifen; eine unentgeltliche Verfügung wird nur dann vorliegen, wenn die Gegenleistung ersichtlich nur pro forma vereinbart wurde und gegenüber dem Wert der Sache nur als Bagatellbetrag angesehen werden kann (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 628).

         

      (3) Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB)

         

      Die Geltendmachung des Interventionsrechts kann schließlich rechtsmißbräuchlich und treuwidrig sein, wenn der Kläger materiellrechtlich selbst für die titulierte Forderung haftet, ohne daß der Titel sich auch gegen ihn richtet. Beispiele: Der Kläger ist persönlich haftender Gesellschafter einer OHG oder KG, gegen die allein sich der Titel richtet (hier kann der Gläubiger gemäß § 129 Abs. 4 HGB aus dem Titel nur gegen die Gesellschaft, nicht aber gegen die Gesellschafter vollstrecken; die Drittwiderspruchsklage des Gesellschafters, in dessen Vermögensgegenstand der Gläubiger dennoch vollstreckt [GV hat aber die §§ 808, 809 ZPO zu beachten; bei einer Erinnerung hilft dem Gläubiger der Einwand aus § 242 BGB in diesen Fällen nicht], wird aber für rechtsmißbräuchlich gehalten, weil sich der Gläubiger den Titel gegen die Gesellschafter auch noch mit einer Widerklage gegen den Kläger der Drittwiderspruchsklage verschaffen könnte; dann muß aber auch der bloße Mißbrauchseinwand aus § 242 BGB zum Erfolg führen können, vgl. BGH LM
      § 771 Nr. 2; T/P 771/14; Lackmann a.a.O., Rn. 609; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1438), er hat sich für die titulierte Forderung verbürgt (das Vorstehende gilt wegen § 765 Abs. 1 BGB entsprechend, vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 610; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1439) oder er haftet als Gesamtschuldner mit für die titulierte Forderung (das Vorstehende gilt entsprechend, vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 611; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1441).

         

      (4) Einwand des besseren Rechts

         

      Steht dem beklagten Vollstreckungsgläubiger ein “besseres Recht” an dem Vollstreckungsgegenstand zu, fehlt es an einem Interventionsrecht des Klägers, dessen Recht durch die Vollstreckung nicht verletzt wird (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 613; Münchener Kommentar zur ZPO/Schmidt, § 771 Rn. 46; a.A. zur Begründung – es liege unzulässige Rechtsausübung des schlechter berechtigten Klägers vor – mit gleichem Ergebnis Brox/Walker a.a.O., Rn. 1436). Beispiele: Drittwiderspruchsklage des Nießbrauchers gegen den Gläubiger einer vorrangigen Hypothek, der aufgrund eines dinglichen Titels gegen den Grundstückseigentümer Mietzinsen gepfändet hat, vgl. RGZ 81, 146, 150; Drittwiderspruchsklage des Sicherungseigentümers gegen den Pfandgläubiger, dessen Pfandrecht vor dem Sicherungseigentum entstanden ist, vgl. RGZ 143, 275, 277).

         

d) Verfahren

 

Es findet ein normales Erkenntnisverfahren statt. Im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast kann den Eigentumsvermutungen der §§ 1006 und 1362 BGB Bedeutung zukommen (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 614). Der Kläger kann über §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zur Hauptsacheentscheidung erreichen.

 

e) Tenor

       

Der Hauptsache-Tenor eines der Drittwiderspruchsklage vollständig stattgebenden Urteils lautet etwa (vgl. dazu T/P 771/7; Lackmann a.a.O., Rn. 615; Brox/Walker a.a.O., Rn. 1445):

       

      Die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus (es folgt die genaue Bezeichnung des Titels, aus dem vollstreckt wird, z.B.: “dem Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 3. Januar 2002, Az. 4 O 987/01,”) in (es folgt die genaue Bezeichnung des Vollstreckungsgegenstandes, z.B.: “den Pkw VW Golf, Fahrzeug-Ident.-Nr. ...”) wird für unzulässig erklärt.

       

Entscheidend ist die genaue Bezeichnung des Vollstreckungsgegenstandes.

       

Bei der Kostenentscheidung kann § 93 ZPO zur Anwendung kommen, wenn der Beklagte sofort anerkennt und der Kläger ihm sein Interventionsrecht zuvor nicht ausreichend nachgewiesen hat. Bei einer Interventionsklage gibt der vollstreckende Gläubiger solange keine Klageveranlassung, bis ihm der intervenierende Dritte das - angeblich - die Veräußerung hindernde Recht i. S. des  § 771 Abs. 1 ZPO in substantiierter Weise dargelegt und die hierfür maßgeblichen Tatsachen derart wahrscheinlich gemacht hat, daß der Vollstreckungsgläubiger bei objektiver Betrachtung von ihrer Richtigkeit ausgehen muß (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 790; OLG Celle MDR 1954, 490; OLG Köln MDR 1957, 754; OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1990, 1535; Schneider, JurBüro 1966, 986; T/P 93/6a; Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 771 Rn. 60 ff.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 93 Rn. 82; Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rn. 6, Stichwort “Widerspruchsklage nach § 771”). Das kann dazu führen, daß der Beklagte sogar nach einer Beweisaufnahme im Prozeß noch wirksam sofort anerkennen kann (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 790 m.w.N.; Lackmann a.a.O., Rn. 616).

 

Bei der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist bei einer stattgebenden Entscheidung zu beachten, daß das Urteil wegen § 775 Nr. 1 ZPO insgesamt, also nicht etwa nur wegen der Kosten, für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist (also wie bei einem Leistungsurteil) und bei der Bestimmung der Sicherheitsleistung der Wert der Gegenstände, an denen das die Vollstreckung hindernde Recht besteht, mit zu berücksichtigen ist, da diese Vollstreckung durch das Urteil verhindert wird und dem Beklagten infolge der über die §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO möglichen Entstrickung ein Schaden in dieser Höhe droht (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 616). Ist der Wert der Forderung, wegen der der Beklagte vollstreckt, geringer, ist dieser geringere Wert maßgeblich.

       

Die Vereinfachung des § 709 Satz 2 ZPO n.F. greift bei der Vollstreckbarkeitsentscheidung nicht, da der Kläger aufgrund des der Drittwiderspruchsklage stattgebenden Urteils nur im Hinblick auf die ihm zu erstattenden Kosten eine Geldforderung im Sinne von § 709 Satz 2 ZPO vollstrecken kann, während im übrigen ein Gestaltungsurteil vorliegt und daher gerade nicht “wegen einer Geldforderung” zu vollstrecken ist. Die Sicherheitsleistung oder ggf. Abwendungsbefugnis ist bei einer Klagestattgabe also auszurechnen.

       

Der Streitwert für die Drittwiderspruchsklage richtet sich nach § 6 ZPO. Maßgeblich ist der Wert der gepfändeten Gegenstände, es sei denn, die titulierte Forderung hat einen geringeren Wert (vgl. T/P 771/25; Lackmann a.a.O., Rn. 617).

 

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