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Forderungsvollstreckung

Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Geldforderungen

 

1. Überblick

 

a) Der Forderungspfändung kommt in Klausuren häufig Bedeutung im Rahmen von sog. Einziehungsklagen, d.h. Klagen des Vollstreckungsgläubigers gegen den Drittschuldner aus der gepfändeten und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesenen Forderung, zu.

 

b) Grundsätzlich besteht bei der ZV in Geldforderungen ein Dreiecksverhältnis (vgl. § 829 ZPO): Der Gläubiger will auf eine Forderung zugreifen, die dem Schuldner gegen einen Dritten, den sog. Drittschuldner, zusteht. Im Rahmen des Abschnitts B II wird deshalb die titulierte Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner als “titulierte Forderung” und die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner schlicht als “Forderung” bezeichnet:

                                                                              

                                                                              titulierte Forderung
Gläubiger (G)  ----------------------------------------------------------- Schuldner (S)

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                          Forderung
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                        Drittschuldner (DS)

 

 

c) Zuständig für die Forderungspfändung ist sachlich das Amtsgericht (§ 764 Abs. 1 ZPO), in funktioneller Hinsicht das Vollstreckungsgericht, §§ 828 Abs. 1, 764 ZPO, und dort gemäß
§ 20 Nr. 17 RPflG der Rechtspfleger. Örtlich zuständig ist gemäß § 828 Abs. 2 ZPO das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, sonst der Gerichtsstand des Vermögens
(§ 23 ZPO). Die Zuständigkeiten sind gemäß § 802 ZPO ausschließlich.

 

d) Die Forderung wird auf Antrag des Gläubigers in der Regel durch Pfändungsbeschluß gepfändet und durch Überweisungsbeschluß verwertet:

 

aa) Die Pfändung erfolgt durch einen Pfändungsbeschluß gemäß § 829 ZPO. Dieser enthält

     

    - das “arrestatorium”, d.h. dem Drittschuldner wird verboten, an den Schuldner zu leisten (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und

     

    - das “inhibitorium”, d.h. dem Schuldner wird geboten, nicht über die Forderung zu verfügen (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

     

Ihre Wirkung besteht in der Verstrickung der Forderung – durch Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner, § 829 Abs. 3 ZPO – und der Entstehung des Pfändungspfandrechts an der Forderung.

 

bb) Die Verwertung erfolgt durch einen Überweisungsbeschluß gemäß § 835 ZPO, und zwar entweder

     

    - zur Einziehung (so der Regelfall; wichtig: hierbei bleibt der Schuldner Inhaber der Forderung, während der Gläubiger die Befugnis erhält, sie im eigenen Namen geltend zu machen und notfalls einzuklagen; die titulierte Forderung geht erst unter, wenn der Gläubiger die gepfändete Forderung erfolgreich eingezogen hat) oder

     

    - an Zahlungs Statt (so der sehr seltene Ausnahmefall: die Wirkung entspricht einer Abtretung der Forderung, durch die der Gläubiger – soweit die Forderung besteht – hinsichtlich der titulierten Forderung sogleich befriedigt ist – vgl. § 364 Abs. 1 BGB –, d.h. der Gläubiger trägt das Risiko der Bonität der gepfändeten Forderung).

     

cc) In der Praxis werden Pfändungsbeschluß und Überweisungsbeschluß in der Regel in einem Formular verbunden. Der Rechtspfleger erläßt einen “Pfändungs- und Überweisungsbeschluß” (PfÜB).

 

    - Problem: Vor Erlaß des einheitlichen Beschlusses wird der Schuldner – außer, wenn der Gläubiger dies beantragt – nicht angehört. Streitig ist, ob hierdurch und durch die Verbindung der beiden Beschlüsse der verfassungsmäßige Anspruch des Schuldners auf die Erteilung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt wird: Nach § 834 ZPO ist der Schuldner “über das Pfändungsgesuch nicht zu hören”, da der Erfolg der Zwangsvollstreckung nicht dadurch vereitelt werden soll, daß der Schuldner von der beabsichtigten Pfändung erfährt und über die Forderung noch verfügt, so daß die spätere Pfändung ins Leere geht (vgl. auch die Problematik zur Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung nach § 758a ZPO). Eine Anhörung des Schuldners nach der Pfändung und vor der Überweisung wird durch § 834 ZPO hingegen zumindest vor Erlaß eines gesonderten Überweisungsbeschlusses nicht verboten (vgl. T/P 834/2; Zöller/Stöber a.a.O., § 834 Rn. 2; Musielak a.a.O., § 834 Rn. 2). Hieraus wird vereinzelt gefolgert, der Schutzzweck des § 834 ZPO sei nach der Pfändung erreicht, so daß der Schuldner vor Erlaß des Überweisungsbeschlusses als einer neuen Entscheidung im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG angehört werden müsse (so Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 835 Rn. 2; Hoeren NJW 1991, 410, 411). Nach ganz überwiegender Ansicht ist aber eine Anhörung des Schuldners auch vor Erlaß des üblichen, mit dem Pfändungsbeschluß verbundenen Überweisungsbeschlusses (Überweisung zur Einziehung) nicht erforderlich, da die Überweisung nur die Verwertung der Forderung ermögliche, ohne ein eigenständiges Recht zu schaffen (so z.B. T/P 834/2; Zöller/Stöber a.a.O., § 834 Rn. 2; Musielak a.a.O., § 834 Rn. 1; Kahlke NJW 1991, 2688). Die Anhörung kann danach im Erinnerungsverfahren (§ 766 ZPO) nachgeholt werden.

     

Ein separater Pfändungsbeschluß ergeht aber z.B. in den Fällen der Sicherungsvollstreckung (§ 720a ZPO) und Arrestpfändung (§ 930 ZPO), da dort nur die Pfändung, aber mit Rücksicht auf den in der Sicherung bestehenden Zweck nicht die Verwertung zulässig ist.

 

2. Besonderheiten bei den Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

(vgl. oben A VIII):

 

a) Bestimmtheit des Antrags

    Im Antrag müssen Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner sowie die Forderung nach ihrem Schuldgrund und der Leistung, auf die sie sich richtet, möglichst genau bezeichnet werden. Insbesondere muß die Forderung so genau bezeichnet werden, daß auch Dritte sie von anderen Forderungen hinreichend sicher unterscheiden können (Identität der Forderung). An diesem Erfordernis scheitert ein Generalauftrag, wie er an den GV zulässig wäre. Zu Einzelfällen vgl. Musielak a.a.O., § 829 Rn. 32. Nicht ausreichend ist etwa ein Antrag auf Pfändung von Forderungen “aus jedem Rechtsgrund”, “aus Verträgen und sonstigen Rechtsgründen”, “aus Lieferungen und sonstigen Leistungen” ohne klärenden Zusatz; ferner auf Pfändung des “Anspruchs auf Rückgabe aller gegebenen Sicherheiten”, da nicht erkennbar ist, aus welchem Rechtsverhältnis sich jeder Anspruch ergeben soll.

     

    b)  Das Vorliegen eines wirksamen Titels

    bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen, nicht den Angaben im Antrag auf Erlaß des PfÜB (vgl. OLG Köln NJW-RR 1989, 190, 191).

     

    c) Das Rechtsschutzbedürfnis für die Pfändung fehlt, wenn die Forderung gewiß und erkennbar nicht besteht (vgl. T/P 829/9), dem Schuldner offenbar nicht zustehen kann oder unpfändbar ist (vgl. Zöller a.a.O., § 829 Rn. 5; Musielak a.a.O., § 829 Rn. 8; Lackmann a.a.O., Rn. 273).

     

    Sind Gläubiger und Drittschuldner identisch, d.h. der Gläubiger will eine gegen sich selbst gerichtete Forderung des Schuldners pfänden, so gilt:

     

    Die Pfändung einer Forderung des Schuldners gegen den Gläubiger ist grundsätzlich zulässig; der Gläubiger muß den PfÜB dann wegen § 829 Abs. 3 ZPO an sich selbst zustellen lassen (vgl. T/P 829/24; Musielak a.a.O., § 829 Rn. 14). Zu bedenken ist aber, daß der Gläubiger in der Regel auch zur Aufrechnung berechtigt ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht für den Gläubiger in dieser Konstellation jedenfalls dann, wenn eine Aufrechnung aus prozessualen (§ 767 Abs. 2 ZPO) oder materiellen
    (§§ 393 – 395 BGB) Gründen unstatthaft ist (vgl. Musielak a.a.O., § 829 Rn. 8; Lackmann a.a.O., Rn. 273). Während nach einer Ansicht (vgl. z.B. LG Düsseldorf MDR 1964, 332; Lackmann a.a.O., Rn. 273) nur in diesen Fällen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht, da sonst die Aufrechnung der einfachere und schnellere Weg zur Befriedigung der titulierten Forderung sei, bejaht die Gegenansicht (vgl. z.B. OLG Köln NJW-RR 1989, 190) das Rechtsschutzbedürfnis mit der Begründung, die Pfändung der Gegenforderung habe für den Gläubiger erhebliche Vorteile gegenüber der Aufrechnung; sie verschaffe dem Gläubiger insbesondere als Hoheitsakt größere Klarheit und Rechtssicherheit (vgl. Rimmelspacher und Spellenberg JZ 1973, 271 ff.).

     

     

3. Der Zugriffsbereich für die Forderungspfändung

     

Gepfändet wird die angebliche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner. Das Vollstreckungsgericht führt also lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung des Gläubigervortrages durch (vgl. T/P 829/20; es darf aber nicht sicher sein, daß die Forderung nicht besteht, vgl. oben B II 2 c, da sonst das Rechtsschutzbedürfnis fehlt).

 

Besteht die Forderung zur Zeit der Zustellung des PfÜB an den Drittschuldner nicht oder nicht mehr, geht die Pfändung ins Leere und ist wirkungslos (vgl. z.B. BGH NJW 1988, 495; T/P 829/27). Steht die Forderung zu diesem Zeitpunkt nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten zu, muß dieser daher keine Drittwiderspruchsklage erheben. Er kann dies aber dennoch tun, um den bestehenden Anschein einer wirksamen Pfändung zu beseitigen (vgl. BGH WM 1981, 648; T/P 771/10; Zöller a.a.O., § 771 Rn. 2). Streitig ist, ob der Gläubiger erneut pfänden muß, wenn der Schuldner die Forderung vor der Pfändung abgetreten hat und sie ihm nach der Pfändung rückabgetreten wird, oder wenn sie bei der Pfändung einem Dritten zugestanden hat, dieser aber später aufgrund einer Anfechtungsklage des Gläubigers (vgl. §§ 11, 13 AnfG) verurteilt wird, die Zwangsvollstreckung in die gepfändete Forderung zu dulden. Nach einer in der Literatur (vgl. z.B. Tiedtke NJW 1972, 748 sowie JZ 1993, 73 im Anschluß an die Rechtsprechung des RG, etwa RGZ 61, 150) vertretenen Ansicht soll dies nicht erforderlich sein, da in diesem Fall § 185 Abs. 2 BGB analog anwendbar sei. Nach der Auffassung des BGH (vgl. BGHZ 56, 339; BGH NJW 1987, 1703; so auch T/P 829/28, 29) kommt eine analoge Anwendung des § 185 Abs. 2 BGB nicht in Betracht; vielmehr muß der Gläubiger erneut pfänden.

 

    a) Der Haftungsverband der Hypothek, § 865 ZPO

    ist zu beachten: Forderungen, auf die sich die Hypothek erstreckt, unterliegen der Forderungspfändung nur bis zur Beschlagnahme im Wege der Immobiliarvollstreckung (§ 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Miet- und Pachtzinsforderungen (vgl. § 1123 BGB) etwa werden bei Anordnung der Zwangsverwaltung erfaßt (§ 148 ZVG), bei Anordnung der Zwangsversteigerung hingegen nicht (§ 21 Abs. 2 ZVG).

     

    b) Forderungen aus Wechseln und anderen indossablen Papieren (§ 831 ZPO)

    pfändet nicht das Vollstreckungsgericht, sondern der Gerichtsvollzieher (vgl. oben B I 2 a aa [2]), der das Papier in Besitz nimmt. Für die Verwertung ist dann wieder das Vollstreckungsgericht zuständig, das einen Überweisungsbeschluß nach § 835 ZPO erläßt.

 

    c) Bedingte, befristete und Zug um Zug zu erfüllende Forderungen

    sind pfändbar. Die jeweiligen Besonderheiten sind erst bei der Durchsetzung der gepfändeten und überwiesenen Forderung gegen den Drittschuldner zu beachten.

     

    d) Künftige Forderungen

    sind grundsätzlich pfändbar, allerdings unter strengeren Voraussetzungen, als sie für die Abtretung derartiger Forderungen gelten. Die staatlichen Vollstreckungsorgane sollen nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden und auch eine Belästigung potentieller Drittschuldner ist zu vermeiden. Deshalb müssen zukünftige Forderungen bestimmt genug bezeichnet oder hinreichend bestimmbar sein, d.h. es muß schon eine Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner bestehen, aus der die zukünftige Forderung nach ihrem Inhalt und nach der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann (vgl. z.B. BGH NJW 1981, 1611; BGH NJW 1982, 2193; T/P 829/10). Aus dem PfÜB muß sich die Pfändung (auch) zukünftiger Forderungen ausdrücklich ergeben.

 

    e) Nicht übertragbare Forderungen

    sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO auch unpfändbar, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

     

      aa) Die Unübertragbarkeit kann sich ausdrücklich aus Vorschriften des materiellen Rechts ergeben (z.B. § 38 BGB: Unübertragbarkeit der Mitgliedschaft in einem Verein, wenn in der Satzung nichts anderes bestimmt ist,
      § 40 BGB).

       

      bb) Gemäß § 399, 1. Alt. BGB sind Ansprüche unübertragbar und damit nach
      § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Änderung des Leistungsinhalts erfolgen kann.

       

      Wichtig: Aus dem Wortlaut des § 851 Abs. 2 ZPO könnte man schließen, daß Geldforderungen dennoch stets gepfändet werden könnten, da Geld als geschuldeter Gegenstand immer der Pfändung unterworfen ist. Es liegt jedoch auf der Hand, daß der Wortlaut des § 851 Abs. 2 ZPO insofern zu weit gefaßt ist. Sinn und Zweck des § 851 Abs. 2 ZPO ist es vielmehr, zu vermeiden, daß der Schuldner durch die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes die Forderung dem Zugriff seiner Gläubiger entzieht (vgl. BGHZ 56, 228, 232). Die Rechtsprechung wendet ihn daher auf zweckgebundene Ansprüche nicht an (vgl. z.B. BGH NJW 1985, 2263; OLG Köln NJW-RR 1993, 1030; ferner Musielak a.a.O., § 851 Rn. 3; Zöller a.a.O., § 851 Rn. 3; unklar T/P 851/3).

       

      Absolut unpfändbar sind danach höchstpersönliche Ansprüche (z.B. der Anspruch auf Gewährung von Urlaub).

       

      Nur zugunsten bestimmter Personen pfändbar sind danach:

       

        - Ansprüche auf Befreiung von einer Verbindlichkeit. Einen derartigen Anspruch darf der Schuldner nur an den Gläubiger (oder dessen Rechtsnachfolger) der zu tilgenden Schuld abtreten; er wandelt sich dann in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGH NJW 1994, 49; BGH NJW 1993, 2232; P 399/4; 257/1). Daher dürfen auch nur der Gläubiger oder dessen Rechtsnachfolger die Forderung auf Schuldbefreiung pfänden:

         

        Typisches Beispiel für einen Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit ist der Anspruch des Haftpflichtversicherten gegen den Versicherer aus dem Versicherungsvertrag. Dieser ist nicht auf Zahlung, sondern auf Befreiung von der Verbindlichkeit des Versicherten gegenüber dem Geschädigten gerichtet. Der Schuldbefreiungsanspruch ist grundsätzlich gemäß § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399, 1. Alt. BGB unpfändbar, da eine Übertragung der Forderung zwangsläufig eine Inhaltsänderung zur Folge hat: Die Pflicht zur Freistellung besteht nämlich allein dem Schuldner der Verbindlichkeit gegenüber (vgl. BGH NJW 1993, 2232, 2233). Eine Ausnahme gilt aber für den Geschädigten, dessen Forderung ja gerade durch die Leistung des Versicherers getilgt werden soll: Pfändet der Geschädigte den Schuldbefreiungsanspruch des Versicherten gegen den Versicherer und läßt sich diesen Anspruch überweisen, setzt der Anspruch sich in seiner Hand in einen Zahlungsanspruch an ihn als Einziehungsberechtigten um, d.h. der Geschädigte kann den Versicherer direkt auf Zahlung in Anspruch nehmen.

         

        - Zweckgebundene Ansprüche. Diese können, solange die Zweckbindung besteht, nur zugunsten desjenigen gepfändet werden, für den die Mittel bestimmt sind. Die treuhandartige Gebundenheit eines Anspruchs gehört zum Inhalt der zu erbringenden Leistung. Eine zweckwidrige Verwendung überlassener Mittel würde daher den Leistungsinhalt ändern. Beispiele: Den zweckgebundenen Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß (§ 1360a Abs. 4 BGB) dürfen nur der Rechtsanwalt und die Staatskasse für die Prozeßkosten pfänden (vgl. BGH NJW 1976, 1407; Musielak a.a.O.,
        § 851 Rn. 6). Der Unterhaltsanspruch wegen einmaligen Sonderbedarfs ist im Rahmen der Zweckbindung zugunsten desjenigen Gläubigers pfändbar, der dem Schuldner die Leistungen erbracht hat, die Grundlage des Anspruchs gegen den Drittschuldner sind. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gem. § 1629 Abs. 3 BGB.

         

      cc) Gemäß § 399, 2. Alt. BGB sind Forderungen nicht übertragbar, deren Abtretung durch eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner dieser Forderung ausgeschlossen ist. Solche Forderungen dürfen jedoch gemäß § 851 Abs. 2 ZPO gepfändet und zur Einziehung (nicht an Zahlungs Statt!) überwiesen werden, wenn der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist (Zweck: Schutz vor Vereitelung der Zwangsvollstreckung in diese Forderung). Geldforderungen, deren Abtretung Gläubiger und Schuldner der Forderung durch Vereinbarung ausgeschlossen haben, können daher trotz der Unübertragbarkeit nach § 399, 2. Alt. BGB gepfändet werden, da Geld pfändbar ist. § 851 Abs. 2 ZPO ist entgegen dem zu weiten Wortlaut nur auf die Fälle der 2. Alternative des § 399 BGB anwendbar (s.o. ).

         

      Eine Ausnahme von § 851 Abs. 2 ZPO gilt nach § 357 HGB für die Vollstreckung in ein Kontokorrent:

       

        - Die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen sind unpfändbar. Die Kontokorrentabrede beinhaltet, daß diese Einzelforderungen nicht abgetreten werden dürfen. Zwar würde bei der Vereinbarung eines Abtretungsverbots gemäß §§ 399, 2. Alt. BGB, 851 Abs. 2 ZPO zumindest im üblichen Fall der Vereinbarung eines Geldkontokorrents jede Einzelforderung dennoch wegen der Pfändbarkeit von Geld pfändbar sein. Von diesem Grundsatz macht § 357 HGB jedoch eine Ausnahme, denn diese Vorschrift geht davon aus, daß nur Salden aus dem Kontokorrent pfändbar sind (vgl. BGH NJW 1981, 1611; B/H 357/1; T/P 829/46).

         

        - Der Zustellungssaldo, d.h. der Saldo zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung (vgl. § 829 Abs. 3 ZPO), ist hingegen gemäß § 357 HGB pfändbar. Unerheblich ist, daß in der Regel zu diesem Zeitpunkt die laufende Kontokorrentperiode noch nicht beendet und eine Saldierung noch nicht fällig ist. Die Pfändung in das laufende Kontokorrent bewirkt, daß das Konto lediglich buchungstechnisch und auch nur im Verhältnis zwischen Bank/Sparkasse und dem Gläubiger auf den Zeitpunkt der Pfändung vorläufig abgeschlossen wird (vgl. BGH NJW 1981, 1611; B/H 357/2; T/P 829/46).

         

        - Pfändbar sind auch die zukünftigen Salden. Die Pfändung richtet sich beim Bank- und Sparkassenkontokorrent nicht nach § 357 HGB, sondern nach den §§ 829 ff. ZPO (vgl. BGH NJW 1981, 1611; B/H 357/5). Erfaßt werden also, soweit der Pfändungsbeschluß dies anordnet, die künftigen Guthabensalden zum Ablauf der jeweiligen Abrechnungsperioden.

         

        -  Im übrigen sind im Fall des Bankkontokorrents neben den Salden auch Ansprüche aus dem Girovertrag – soweit ein solcher vorliegt – zwischen dem Schuldner und der Bank pfändbar:

         

        • Der Anspruch des Schuldners gegen die Bank auf Auszahlung des jeweiligen Tagesguthabens. Er unterliegt nach h.M. auch dann der Pfändung nach § 829 Abs. 2 ZPO, wenn eine Kontokorrentabrede besteht (vgl. z.B. BGH NJW 1982, 2193 m.w.N.; B/H 357/8; T/P 829/48).

         

        • Ebenfalls pfändbar ist der Anspruch des Schuldners gegen die Bank auf Gutschrift aller Neueingänge. Diese Pfändung hat aber nur zur Folge, daß die Neueingänge dem Konto auch tatsächlich gutgeschrieben werden müssen, der Kontoinhaber also nicht vor Gutschrift über diese anderweitig verfügen kann. Der Gläubiger erlangt durch eine solche Pfändung noch keinen Anspruch auf unmittelbare Auszahlung an sich. Sie ist somit lediglich eine Hilfspfändung, die die weitere Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung des Geldbetrages erfordert (vgl. BGH NJW 1985, 1218; B/H 357/7).

         

        • Hinsichtlich der Pfändung in eine offene Kreditlinie (Dispositionskredit) ist zu differenzieren:
        •  

          Der Anspruch auf Auszahlung eines zweckgebundenen Kredits ist nicht pfändbar, da der Verwendungszweck nicht vereitelt werden darf.

           

          Die Frage nach der Pfändbarkeit des Auszahlungsanspruchs bei nicht zweckgebundenen Krediten war bislang vom BGH bisher nicht beantwortet worden (vgl. zuletzt BGH NJW 1985, 1218) und in Rechtsprechung und Literatur umstritten:

           

          Die Gegner der Pfändbarkeit stellen darauf ab, daß vor Abruf des Kredits lediglich ein allgemeiner Anspruch auf Kreditgewährung besteht und die Entscheidung über die tatsächliche Inanspruchnahme – und damit das Eingehen neuer Schulden – höchstpersönlicher Natur sei. Dies mache den Anspruch jedenfalls bis zum Abruf des Kredits unpfändbar (so die wohl überwiegende Ansicht, z.B. OLG Schleswig NJW 1992, 579; LG Münster WM 1996, 1847; LG Hannover Rpfleger 1988, 372; LG Dortmund NJW 1986, 997; T/P 829/49; Musielak a.a.O., § 850k Rn. 18; Zöller a.a.O., § 829 Rn. 33 “Kontokorrent”, lit. c).

           

          Die Befürworter der Pfändbarkeit meinen demgegenüber, die Höchstpersönlichkeit der Entscheidung über die Inanspruchnahme des Kredits stehe nicht entgegen, da kein grundlegender Unterschied zu Eingriffen durch Pfändungen in sonstige Schuldverhältnisse, etwa Pfändung des Kaufpreisanspruchs bei fortbestehender Lieferverpflichtung des Schuldners, bestehe (so z.B. OLG Köln ZIP 1983, 810; LG Itzehoe NJW-RR 1987, 819; Wagner WM 1998, 1657).

           

          Der BGH hat kürzlich zur Pfändung in eine offene Kreditlinie entschieden. Er hat ausgeführt, mit Abruf des Kredits entstehe ein Anspruch auf Auszahlung des vereinbarten Darlehens, der wie jede andere Forderung – auch bereits im voraus – pfändbar sei (Urteil vom 29. März 2001, IX ZR 34/00 , NJW 2001, 1937).

 

        • Die bloße Duldung der Überziehung des Kontos des Schuldners in der Vergangenheit gibt dem Schuldner gegenüber der Bank noch keinen Darlehensanspruch, so daß auch kein derartiger Anspruch gepfändet werden kann (vgl. BGH NJW 1985, 1218). Ein Darlehensvertrag kommt in derartigen Fällen vielmehr erst dadurch zustande, daß die Bank trotz fehlender Deckung eine tatsächliche Auszahlung an den Schuldner leistet (vgl. BGH NJW 1985, 1218; OLG Frankfurt NJW-RR 1994, 878).

         

    f) Übertragbare Forderungen

    sind ausnahmsweise unpfändbar, wenn die Pfändbarkeit gesetzlich ausgeschlossen ist. Es handelt sich z.B. nach § 852 ZPO um folgende Ansprüche, wenn sie nicht vertraglich anerkannt oder rechtshängig geworden sind: Pflichtteilsansprüche (§ 2303 BGB), Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten gegen einen Beschenkten (§ 2329 BGB), Rückforderungsansprüche des Schenkers (§ 528 BGB) sowie Ausgleichsansprüche eines Ehegatten auf Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB). Der Grund für die Unpfändbarkeit besteht darin, daß der Schuldner aufgrund der persönlichen Beziehungen zum Drittschuldner selbst entscheiden können soll, ob er seine Ansprüche geltend machen will (vgl. BGH NJW 1993, 2876).

     

    g) Zum Pfändungsschutz von Arbeitseinkommen sowie diesem gleichgestellten Bezügen und Vergütungen

    vgl. §§ 850 – 850k ZPO: Die in § 850a ZPO genannten Bezüge sind unpfändbar und dürfen bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens nicht berücksichtigt werden (§ 850e Nr. 1 ZPO). Die in § 850b Abs. 1 ZPO genannten Bezüge dürfen nur unter den Bedingungen des § 850b Abs. 2 ZPO gepfändet werden; hier ist der Schuldner gemäß § 850b Abs. 3 ZPO entgegen § 834 ZPO ausnahmsweise vor der Entscheidung anzuhören. Aus § 850c ZPO ergeben sich die dem Schuldner zu belassenden Freibeträge (vgl. die Tabelle als Anlage zu dieser Vorschrift). Nach § 850d ZPO werden Unterhaltsansprüche bevorrechtigt behandelt. § 850e ZPO schreibt vor, wie der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens im einzelnen zu berechnen ist. Nach
    § 850f ZPO ist das Vollstreckungsgericht unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag zur Änderung des unpfändbaren Betrages befugt. § 850g ZPO läßt bei einer Änderung der Bemessungsvoraussetzungen auf Antrag eine Änderung des Pfändungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht zu. § 850h ZPO dient der Verhinderung von Vollstreckungsvereitelungen durch Lohnverschiebungen und Verschleierung von Arebitseinkommen. § 850i ZPO dient dazu, dem Schuldner zur Sicherung des notwendigen Unterhalts auch bei einmaligen Zahlungen einen Freibetrag zu belassen. Der Pfändungsschutz des § 850k ZPO will gewährleisten, daß dem Schuldner auch bei bargeldloser Zahlung unpfändbares Arbeitseinkommen zur Verfügung steht. Die §§ 850 ff. ZPO helfen dem Schuldner bei bargeldloser Zahlung nämlich nicht, weil der Lohnanspruch mit der Gutschrift des Lohnes auf dem Konto erlischt; § 811 Nr. 8 ZPO ist nicht einschlägig, da er nur Bargeld betrifft.

     

    h) Der Pfändungsschutz für Sozialleistungen

    richtet sich nach §§ 54, 55 SGB I.

     

     

4. Der weitere Verfahrensablauf

 

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wird erst mit der Zustellung an den Drittschuldner wirksam, vgl. §§ 829 Abs. 3, 835 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Diese Zustellung ist ebenso wie die nachfolgende Zustellung an den Schuldner, die keines gesonderten Antrags des Gläubigers mehr bedarf und keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß darstellt, im Parteibetrieb zu bewirken (§§ 829 Abs. 2 Satz 1, 270 Abs. 1 ZPO; vgl. T/P 829/24, 25). Sollen mehrere Drittschuldner als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden, ist im Hinblick auf jeden von ihnen ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zu beantragen und die Zustellung an jeden von ihnen zu veranlassen, da sie für Gesamtschuldner getrennt wirkt (vgl. T/P 829/24). Gegenüber dem Drittschuldner ist eine Ersatzzustellung unter den Voraussetzungen der §§ 181 – 184 ZPO zulässig (vgl. Musielak a.a.O., § 829 Rn. 14). Ob eine derartige Ersatzzustellung auch dadurch bewirkt werden darf, daß die Zustellung ersatzweise an den Schuldner erfolgt, ist streitig: Während eine Ansicht hier auch unter dem Gesichtspunkt der Interessenkollision keine Bedenken hat, insbesondere § 185 ZPO nicht für analog anwendbar hält (so z.B. LG Bonn DGVZ 1998, 12; Zöller a.a.O., § 829 Rn. 14; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 829 Rn. 56 sowie die ältere Rechtsprechung des RG, BayObLG und KG), hält die Gegenansicht die Ersatzzustellung an den Schuldner analog § 185 ZPO für unzulässig, da der Schuldner wegen des im Vollstreckungsverfahren bestehenden Interessenkonflikts zwischen Schuldner und Drittschuldner als Gegner des Drittschuldners angesehen werden müsse (so z.B. BAG NJW 1981, 1399; Hamme NJW 1994, 1035; T/P 185/2 sowie 829/24; Musielak a.a.O., § 829 Rn. 14 sowie § 185 Rn. 1).

 

 

5. Die Rechtswirkungen von Pfändung und Überweisung

 

a) Die Wirkungen der Pfändung

     

    Die wirksame Pfändung einer Forderung führt zu deren Verstrickung und zur Entstehung eines Pfändungspfandrechts.

     

    Die Forderung wird verstrickt , wenn (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 301)

      - sie tatsächlich besteht (sonst geht die Pfändung “ins Leere”; auch keine Heilung bei späterem Forderungserwerb analog § 185 Abs. 2 BGB, s.o.),

      - im Pfändungsbeschluß bestimmt bezeichnet worden ist,

      - der Pfändungsbeschluß das Arrestatorium (Zahlungsverbot für Drittschuldner, § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO) enthält,

      - der Pfändungsbeschluß vom Vollstreckungsgericht als funktionell zuständigem Vollstreckungsorgan erlassen worden ist und

      - der Pändungsbeschluß dem Drittschuldner zugestellt worden ist (vgl. § 829 Abs. 3 ZPO).

       

    Durch die Pfändung der Forderung entsteht an dieser das für den Rang des Gläubigers (§ 804 Abs. 3 ZPO) entscheidende Pfändungspfandrecht. Die unterschiedlichen Theorien zum Pfändungspfandrecht wirken sich bei der Forderungspfändung im wesentlichen nicht aus, da einerseits die Problematik der Pfändung schuldnerfremder Sachen nicht besteht (die Pfändung einer nicht dem Schuldner zustehenden Forderung geht “ins Leere”) und andererseits auch derjenige, der das Pfändungspfandrecht dem öffentlichen Recht unterstellt, wegen der – anders als bei der Sachpfändung – unzulänglichen Regelung des Pfändungspfandrechts an Forderungen in der ZPO ohne Rückgriff auf die privatrechtlichen Bestimmungen des Pfandrechts an Rechten (§§ 1273 ff. BGB) nicht auskommt (vgl. BGH NJW 1968, 2059; Zöller/Stöber a.a.O., § 804 Rn. 2; Brox/Walker a.a.O., Rn. 616).

     

    Die Beteiligten haben nach der wirksamen Pfändung folgende Rechtsstellung inne (vgl. dazu T/P 829/33 ff.):

     

      - Der Gläubiger darf vor der Verwertung noch nicht über das Recht verfügen, da er weder Forderungsinhaber wird noch zu diesem Zeitpunkt bereits einziehungsbefugt ist. Er darf aber Maßnahmen zur Sicherung des Rechts treffen, etwa Feststellungsklage erheben oder einen Arrest beantragen.

       

      - Der Schuldner bleibt zwar Forderungsinhaber, hat aber das Inhibitorium (Gebot, nicht mehr über die Forderung zu verfügen, § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO; Rechtsfolge bei Verstoß: §§ 135, 136 BGB) zu beachten. Er darf nur Maßnahmen treffen, die das Recht des Gläubigers nicht beeinträchtigen, z.B. auf Leistung an den Gläubiger und sich gemeinsam (analog § 1281 BGB) klagen oder, sofern er bereits einen Titel gegen den Drittschuldner erwirkt hat, bewegliches Vermögen des Drittschuldners pfänden (aber nicht verwerten; vgl. OLG Oldenburg MDR 1998, 61; Musielak a.a.O., § 829 Rn. 18; Lackmann a.a.O., Rn. 304).

       

      - Der Drittschuldner hat das Arrestatorium zu beachten (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO), d.h. er darf nicht mehr an den Schuldner leisten. Leistet er dennoch, wird er dem Gläubiger gegenüber nur dann befreit, wenn die Pfändung ihm zu diesem Zeitpunkt unbekannt war (§§ 1275, 407 BGB analog; vgl. RGZ 87, 412; BGHZ 86, 337; T/P 829/37).

       

      Er hat ferner die (nicht einklagbare, vgl. BGH NJW 1984, 1901; T/P 840/1) Obliegenheit, auf Verlangen des Gläubigers gemäß § 840 ZPO die Drittschuldnererklärung abzugeben. Die schuldhafte Verletzung dieser Obliegenheit zieht den Schadensersatzanspruch des § 840 Abs. 2 ZPO nach sich (vgl. dazu i.e. T/P 840/13 ff.). Erklärt der Drittschuldner in dieser Drittschuldnererklärung, daß die Forderung bestehe, liegt darin kein konstitutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis, sondern lediglich eine Wissenserklärung (vgl. BGHZ 69, 328; T/P 840/11), die allerdings zu einer Beweislastumkehr dergestalt führt, daß nunmehr der Drittschuldner das Nichtbestehen der Forderung beweisen muß (vgl. T/P 840/11; Zöller/Stöber a.a.O., § 840 Rn. 5; Brox/Walker a.a.O., Rn. 622; Lackmann a.a.O., Rn. 305).

 

b) Die Wirkungen der Überweisung

 

    Die Überweisung stellt die übliche Art der Verwertung einer gepfändeten Forderung dar. Auf Antrag kann das Vollstreckungsgericht aber – wie dies gemäß § 825 ZPO auch bei der Pfändung beweglicher Sachen zulässig ist, s.o. – auf Antrag nach § 844 ZPO eine andere Art der Verwertung der Forderung, insbesondere deren Versteigerung, freihändigen Verkauf oder Überweisung an Zahlungs Statt zu einem unter dem Nennwert liegenden Schätzwert, anordnen (vgl. dazu T/P 844/3; Brox/Walker a.a.O., Rn. 666 ff.). In der Praxis ist die Anordnung einer anderen Verwertungsart nach § 844 ZPO selten; anzutreffen ist sie bei der Vollstreckung in Wertpapiere und bei der Vollstreckung in andere Vermögensrechte nach §§ 857 ff. ZPO. Im folgenden soll daher nur auf die Überweisung eingegangen werden.

 

    aa) Die Überweisung der Forderung an Zahlungs Statt,

       

      die von der ZPO für bestimmte Fälle ausgeschlossen wird (vgl. z.B. §§ 839, 846, 849 ZPO) und nur bei Geldforderungen anwendbar ist, bewirkt, daß die gepfändete Forderung auf den Gläubiger übergeht und dieser insoweit als befriedigt anzusehen ist, als die gepfändete Forderung besteht (§ 835 Abs. 2 ZPO , vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 663). Der Gläubiger wird (wie bei einer Abtretung, allerdings nur bis zur Höhe der titulierten Forderung) Inhaber der gepfändeten Forderung. Er muß, um aus der ihm an Zahlungs Statt überwiesenen Forderung gegen einen nicht freiwillig zahlenden Drittschuldner vollstrecken zu können, in einem Einziehungsprozeß einen Titel gegen diesen erwirken.

       

      Zwar führen nach § 835 Abs. 2 ZPO auch begründete Einwendungen und Einreden des Drittschuldners dazu, daß der Titel des Gläubigers, zu dessen Vollstreckung diesem die einredebehaftete Forderung an Zahlungs Statt überwiesen worden ist, nicht verbraucht wird, er also noch in andere Vermögenswerte des Schuldners vollstrecken kann. Scheitert die Durchsetzung der an Zahlungs Statt überwiesenen Forderung jedoch daran, daß der Drittschuldner schlicht nicht zahlen kann, gilt der Gläubiger dennoch gemäß § 835 Abs. 2 ZPO als befriedigt, d.h. er trägt das Risiko der Solvenz des Drittschuldners und der Bonität der Forderung (vgl. T/P 835/5). Aus diesem Grund spielt die Überweisung an Zahlungs Statt in der Praxis nahezu keine Rolle.

       

    bb) Die Überweisung der Forderung zur Einziehung

       

      ist in der Praxis der Regelfall. Sie macht den Gläubiger nicht zum Inhaber der gepfändeten Forderung und führt anders als die Überweisung an Zahlungs Statt auch dann nicht zur Befriedigung des Gläubigers, wenn die gepfändete Forderung besteht und nicht einredebehaftet ist. Vielmehr ist der Gläubiger erst dann befriedigt, wenn er vom Drittschuldner die von diesem auf die gepfändete Forderung geschuldete Zahlung erhält. Er kann bei Zahlungsunfähigkeit des Drittschuldners also auch in andere Vermögenswerte des Schuldners vollstrecken, ohne seinen Titel verbraucht zu haben.

       

      Der mit dem Pfändungsbeschluß regelmäßig verbundene Überweisungsbeschluß wird wie jener erst mit der im Parteibetrieb zu bewirkenden Zustellung an den Drittschuldner wirksam (§§ 835 Abs. 3, 829 Abs. 3 ZPO).

       

      Die Beteiligten haben nach der Überweisung zur Einziehung folgende Rechtsstellung inne (vgl. dazu T/P 836/2 ff.):

       

        - Der Gläubiger wird nicht wie bei der Überweisung an Zahlungs Statt Inhaber der Forderung, erhält aufgrund des Überweisungsbeschlusses als Hoheitsakt aber die Befugnis, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen. Er darf alle auf die Befriedigung aus der gepfändeten Forderung gerichteten Handlungen ausführen, etwa kündigen, mahnen, gegenüber einer Forderung des Drittschuldners gegen ihn selbst mit der gepfändeten Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner aufrechnen oder auf Leistung an sich klagen. Er hat allerdings zum Schutz des Schuldners auch die Pflicht, die Forderung ohne schuldhaftes Zögern beizutreiben (soweit möglich insbesondere vor Zahlungsunfähigkeit des Drittschuldners oder Verjährung der gepfändeten Forderung), und kann sonst dem Schuldner gegenüber schadensersatzpflichtig nach § 842 ZPO werden. Um diese Schadensersatzpflicht zu vermeiden, kann er nach § 843 ZPO auf die durch die Pfändung und Überweisung zur Einziehung erworbenen Rechte verzichten und sich anschließend an andere Vermögnswerte des Schuldners halten (vgl. § 843 Satz 1 ZPO) oder gar dieselbe Forderung erneut pfänden (vgl. Zöller/Stöber a.a.O., § 843 Rn. 3; Musielak a.a.O., § 843 Rn. 3).

         

        - Der Schuldner bleibt Inhaber der gepfändeten Forderung. Er darf hinsichtlich der gepfändeten Forderung aber nur noch Handlungen vornehmen, die den Gläubiger nicht belasten, etwa auf Leistung an den Gläubiger allein klagen (vgl. BGH NJW 1968, 2059, 2060; Brox/Walker a.a.O., Rn. 645). Zehrt die Befriedigung der Gläubiger die gepfändete Forderung nicht vollständig auf, kann er auch auf Zahlung an sich nach Befriedigung der Gläubiger klagen; dazu näher das Urteil des BGH vom 5. April 2001, IX ZR 441/99, NJW 2001, 2178. Ferner hat er dem Gläubiger gemäß § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO Auskunft über die gepfändete Forderung zu erteilen und ihm über die Forderung vorhandene Urkunden herauszugeben. Hinsichtlich dieser Urkunden kann der Gläubiger aufgrund des Überweisungsbeschlusses die Herausgabevollstreckung betreiben, vgl. § 836 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 883 ZPO.

         

        - Der Drittschuldner darf bereits aufgrund der Pfändung der Forderung nicht mehr an den Schuldner leisten (s.o.). Zu seinem Schutz finden über eine entsprechende Anwendung von § 412 BGB auch die dort genannten Schutzvorschriften entsprechende Anwendung (vgl. P 412/1; Lackmann a.a.O., Rn. 310).

         

        Zu beachten ist ferner § 836 Abs. 2 ZPO. Danach gilt zum Schutz des Drittschuldners der Überweisungsbeschluß dem Schuldner gegenüber so lange als rechtsbeständig, wie er nicht aufgehoben und dies dem Drittschuldner mitgeteilt worden ist. Folge: Der Drittschuldner kann im Vertrauen auf den Überweisungsbeschluß an den Gläubiger zahlen (sonst müßte er zugunsten von Gläubiger und Schuldner hinterlegen) und wird dadurch dem Schuldner gegenüber auch dann befreit, wenn sich später herausstellt, daß der Überweisungsbeschluß fehlerhaft war.

         

        § 836 Abs. 2 ZPO ist jedenfalls auf anfechtbare Überweisungsbeschlüsse anwendbar (vgl. T/P 836/9). Bei nichtigen Überweisungsbeschlüssen ist nach dem Schutzzweck zu unterscheiden (BGHZ 127, 146 unter ausdrücklicher Einschränkung des noch in BGHZ 121, 98 vertretenen Standpunktes, § 836 Abs. 2 ZPO sei auf nichtige Überweisungsbeschlüsse schlechthin nicht anwendbar):

         

        - Der Drittschuldner ist nicht schutzbedürftig nach § 836 Abs. 2 ZPO, wenn er die Tatsachen kennt, die die Unwirksamkeit des Überweisungsbeschlusses begründen, und aus ihnen in vergleichbarer Eindeutigkeit wie bei einer Aufhebung auf die Rechtsfolge der Unwirksamkeit schließen muß. Wenn sich dem Drittschuldner schon aus dem bekannten Sachverhalt ohne weiteres wenigstens ernsthafte Zweifel an der Rechtswirksamkeit der hoheitlichen Beschlagnahme aufdrängen müssen, ist ihm zuzumuten, diese Zweifel von einem Rechtskundigen ausräumen oder bestätigen zu lassen. Ein Drittschuldner, der auf der Hand liegenden Bedenken nicht nachgeht, sondern sich rechtsblind stellt, wird nicht geschützt (BGHZ 127, 146). Beispiel: Einer Bank als Drittschuldnerin wird ein Überweisungsbeschluß zugestellt, in dem als Vollstreckungstitel ein Arrestbefehl bezeichnet wird; dieser ist – was zumindest der Bank, die mit der Rechtsnatur eienes Arrestbefehls einigermaßen vertraut ist, offensichtlich ist – bereits kraft Gesetzes ein zur Befriedigung des Gläubigers, d.h. zum Erlaß eines Überweisungsbeschlusses, ungeeigneter Titel, der nur die Pfändung, d.h. den Erlaß eines Pfändungsbeschlusses, erlaubt (§ 930 ZPO, vgl. den Fall in BGHZ 121, 98).

         

        - In den übrigen Fällen findet § 836 Abs. 2 ZPO aber auch auf nichtige Überweisungsbeschlüsse Anwendung (vgl. BGHZ 127, 146; in diesem Sinne auch T/P 836/9).

         

        Zu beachten ist aber auch, daß § 836 Abs. 2 ZPO den Drittschuldner nur gegenüber dem Schuldner schützt. Ist bereits die Pfändung “ins Leere” gegangen, weil die Forderung zu diesem Zeitpunkt einem Dritten zugestanden hat, wird der Drittschuldner bei einer Zahlung an den Gläubiger diesem Dritten als Forderungsinhaber gegenüber nicht über § 836 Abs. 2 ZPO befreit; hier können dem Drittschuldner höchstens – und auch nur, falls die Wirkungslosigkeit der Pfändung auf eine Abtretung der Forderung vor Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner zurückzuführen ist – die §§ 408 Abs. 2, 407 BGB helfen.

         

        Nach h.M. ist § 836 Abs. 2 ZPO auch auf den Fall der Mehrfachpfändung für den Rang der Überweisung entsprechend anzuwenden (vgl. T/P 836/10; Lackmann a.a.O., Rn. 313). Werden dem Drittschuldner nacheinander also etwa zwei dieselbe Forderung betreffende Überweisungsbeschlüsse zugunsten verschiedener Gläubiger zugestellt, darf er mit befreiender Wirkung an den Gläubiger zahlen, dessen Pfändungsbeschluß ihm zuerst zugestellt worden ist (§ 804 Abs. 3 ZPO), und wird auch dann befreit, wenn gerade dieser Pfändungsbeschluß oder der zugehörige Überweisungsbeschluß später aufgehoben wird.

         

        Gelangt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß trotz wirksamer Zustellung nicht zur Kenntnis des Drittschuldners (etwa, weil er durch Niederlegung zugestellt und die Benachrichtigung über die Niederlegung dem Drittschuldner entwendet wird, bevor er sie zur Kenntnis nehmen kann, vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 315), sind nach h.M. die §§ 1275, 407 BGB entsprechend anzuwenden, so daß der Drittschuldner durch Zahlung an den Schuldner auch dem Gläubiger gegenüber befreit wird (s. bereits o. zur Pfändung; vgl. BGHZ 86, 337; T/P 836/5).

       

       

6. Die Vorpfändung

 

Nach § 845 ZPO, einer insbesondere zur Vermeidung von Anwaltsregressen wichtigen Vorschrift, kann der Gläubiger bereits vor der Pfändung der Forderung und sogar vor Zustellung des Titels und Erteilung der Klausel, d.h. allein mit dem Titel, durch eine Vorpfändung der Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner nach § 845 ZPO deren Beschlagnahme erreichen und damit einen günstigen Rang (§ 804 Abs. 3 ZPO) erhalten.

 

Auf Antrag des Gläubigers stellt der Gerichtsvollzieher danach dem Schuldner und dem Drittschuldner (diese Zustellung ist wie bei §§ 829 Abs. 3, 835 Abs. 3 ZPO Wirksamkeitsvoraussetzung, vgl. § 845 Abs. 2 Satz 1 ZPO) die Benachrichtigung zu, daß die Pfändung einer – zur Vermeidung der Unwirksamkeit der Vorpfändung ebenso genau wie im Pfändungsbeschluß selbst zu bezeichnenden – Forderung bevorstehe. Diese Benachrichtigung hat die rangwahrende Wirkung einer Arrestanordnung, d.h. wie bei § 930 ZPO wird die Forderung verstrickt und es entsteht ein Pfändungspfandrecht. Zum Bestimmtheitserfordernis der Bezeichnung der zu pfändenden Forderung in der Benachrichtigung vgl. das Urteil des BGH vom 8. Mai 2001, IX ZR 9/99, NJW 2001, 2976.

 

Diese Wirkungen sind allerdings auflösend bedingt . Auflösende Bedingung ist, daß innerhalb eines Monats keine Pfändung der Forderung bewirkt, d.h. auch ein Pfändungsbeschluß erwirkt und dem Drittschuldner zugestellt wird.

 

 

7. Besonderheiten der Pfändung und Verwertung von durch eine Hypothek gesicherten Forderungen

 

Die nachfolgenden Ausführungen gelten über § 857 Abs. 6 ZPO entsprechend für die Pfändung und Verwertung von Grundschulden, Reallasten und Rentenschulden (vgl. i.e. T/P 857/11).

 

a) Pfändung

 

    Es gelten wegen des sachenrechtlichen Publizitätsgrundsatzes die zusätzlichen Anforderungen des § 830 ZPO, ohne deren Erfüllung die Pfändung nicht nur anfechtbar, sondern wirkungslos ist (vgl. BGHZ 127, 146; T/P 830/5).

 

    Bei einer Buchhypothek muß zu dem Pfändungsbeschluß hinzukommen, daß die Pfändung im Grundbuch eingetragen wird (§ 830 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Die Eintragung geschieht aufgrund des Pfändungsbeschlusses.

     

    Bei einer Briefhypothek muß zu dem Pfändungsbeschluß hinzukommen, daß der Gläubiger den Brief erhält (§ 830 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Wird die Briefübergabe im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt, gilt sie nach § 830 Abs. 1 Satz 2 ZPO bereits dann als bewirkt, wenn der Gerichtsvollzieher den Brief zum Zweck der Herausgabe an den Gläubiger wegnimmt. Titel für die Wegnahme ist der Pfändungsbeschluß; die Vollstreckung erfolgt nach den §§ 883 ff. ZPO (vgl. T/P 830/6; Lackmann a.a.O., Rn. 289).

     

    Zu beachten ist, daß bei der Pfändung von Hypothekenforderungen die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner, bei dem es sich sowohl um den persönlichen Schuldner als auch bei fehlender Personenidentität zusätzlich um den Eigentümer handeln kann, abweichend von § 829 Abs. 3 ZPO für die Wirksamkeit der Pfändung weder erforderlich noch ausreichend ist (vgl. T/P 830/4; Musielak a.a.O.,
    § 830 Rn. 8; Lackmann a.a.O., Rn. 289). Der Zustellungszeitpunkt kann aber nach
    § 830 Abs. 2 ZPO Bedeutung haben. Erfolgt die Zustellung vor Briefübergabe oder vor Eintragung der Pfändung im Grundbuch, gilt danach die Pfändung dem Drittschuldner gegenüber danach als im Zustellzeitpunkt bewirkt. Diese Rückdatierung des Zahlungsverbots tritt aber nur ein, wenn Briefübergabe oder Grundbucheintragung tatsächlich nachfolgen (vgl. BGHZ 127, 146; T/P 830/13). Verfügungen des Schuldners über die Hypothek nach Erlaß des Pfändungsbeschlusses und vor Eintragung der Pfändung (Buchhypothek) oder Briefübergabe bzw. –wegnahme (Briefhypothek) kann der Gläubiger, falls wegen etwaiger Hindernisse einer Vorpfändung (§ 845 ZPO) die vollständige Pfändung nicht binnen der Monatsfrist nachfolgen könnte, durch Erwirkung einer einstweiligen Verfügung verhindern. Diese ist auf Erlaß eines Verfügungsverbotes (§ 938 Abs. 2 ZPO) gegen den Schuldner zu richten. Der Gläubiger sollte sie zudem, um einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb Dritter zu verhindern, im Grundbuch eintragen lassen (vgl. Musielak a.a.O., § 830 Rn. 10; Brox/Walker a.a.O., Rn. 675).

 

b) Überweisung

 

    Für die Überweisung der gepfändeten Hypothekenforderung gilt § 837 ZPO. Danach wird bei einer Briefhypothek die Überweisung bereits mit der Aushändigung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger wirksam, wenn zu diesem Zeitpunkt die Pfändung bereits wirksam geworden ist (s.o.). Bei einer Buchhypothek wird die Überweisung nach § 837 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst mit der Eintragung der Überweisung in das Grundbuch wirksam.

     

    Wegen der erweiterten Voraussetzungen der Pfändung, die regelmäßig bei Erlaß des Pfändungsbeschlusses noch nicht vorliegen werden, und der daher zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch nicht gegebenen Verwertungsreife der Hypothekenforderung hält der BGH den Erlaß eines kombinierten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bei Hypothekenforderungen für unzulässig (vgl. BGHZ 127, 146; T/P 837/1; Lackmann a.a.O., Rn. 289; a.A. z.B. Zöller/Stöber a.a.O., § 837 Rn. 7; Stöber NJW 1996, 1180; Diepold MDR 1995, 454).

 

 

8. Besonderheiten bei der Pfändung und Verwertung von Ansprüchen auf Herausgabe oder Leistung von Sachen

 

Hier geht es nicht um die “Herausgabevollstreckung”, d.h. die Vollstreckung wegen eines Anspruchs des Gläubigers gegen den Schuldner auf Herausgabe einer Sache (dazu § 883 ZPO), sondern um die Pfändung eines Anspruchs des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Herausgabe einer Sache an den Schuldner.

 

Zu dieser Konstellation kann es etwa kommen, wenn der Gerichtsvollzieher im Auftrag des Gläubigers die Sache bei dem Drittschuldner nach § 809 ZPO pfänden will, der Drittschuldner aber nicht zur Herausgabe bereit ist, obwohl er dem Schuldner gegenüber zur Herausgabe an diesen verpflichtet wäre. Dem Gläubiger geht es nicht wie bei § 883 ZPO um den Erhalt der Sache, sondern um deren Verwertung und die Auskehrung des Erlöses (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 290).

 

a) Pfändung

    Die Pfändung eines auf eine bewegliche Sache bezogenen Herausgabe- (= Verschaffung des unmittelbaren Besitzes) oder Leistungsanspruchs (= Übertragung des Eigentums) erfolgt wie bei der Pfändung von Geldforderungen durch die Zustellung eines Pfändungsbeschlusses (§§ 846, 829 ZPO), in dem die Sache identifizierbar bezeichnet sein muß. Zusätzlich wird bei beweglichen Sachen angeordnet, daß diese an einen vom Gläubiger zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben sind (§ 847 Abs. 1 ZPO), während bei unbeweglichen Sachen die Herausgabe an einen auf Antrag des Gläubigers vom Amtsgericht der belegenen Sache zu bestellenden Sequester angeordnet wird (§ 848 Abs. 1 ZPO).

     

    Der Anspruch auf Herausgabe oder Leistung einer beweglichen Sache ist nur pfändbar, wenn die geschuldete Sache Gegenstand der weiteren Zwangsvollstreckung wegen der Geldforderung des Gläubigers sein kann. Daran fehlt es etwa, wenn die Sache nach
    § 811 ZPO beim Schuldner unpfändbar wäre oder wenn sie als Zubehör (§ 865 ZPO) nur der Pfändung in das unbewegliche Vermögen unterliegt (vgl. T/P 847/2; Zöller/Stöber a.a.O., § 847 Rn. 1).

     

    Mit der wirksamen Pfändung wird der Herausgabe- bzw. Leistungsanspruch verstrickt und es entsteht an ihm ein Pfändungspfandrecht. Gibt der Drittschuldner nunmehr die gepfändete Sache freiwillig (ansonsten ist aus dem gepfändeten Anspruch gegen den Drittschuldner auf Herausgabe an den Gerichtsvollzieher oder Sequester zu klagen, denn der Pfändungsbeschluß ersetzt keinen Herausgebetitel) an den Gerichtsvollzieher heraus, entstehen im Wege der dinglichen Surrogation Verstrickung und Pfändungspfandrecht unmittelbar an der dem Schuldner gehörenden, herausgegebenen Sache selbst (vgl. BGHZ 67, 378; T/P 847/6; Lackmann a.a.O., Rn. 291; vgl. auch § 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

 

b) Verwertung

 

    Diese erfolgt nach h.M. (vgl. Zöller/Stöber a.a.O., § 847 Rn. 7; T/P 846/1) durch Überweisung des Herausgabe- oder Leistungsanspruchs zur Einziehung (nicht an Zahlungs Statt wegen § 849 ZPO); es ergeht in der Praxis ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß. Eine Gegenansicht hält die Überweisung für überflüssig (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 292).

     

    Sodann werden bewegliche Sachen, die der Gerichtsvollzieher erhalten hat, gemäß § 847 Abs. 2 ZPO nach den §§ 814 ff. ZPO verwertet; die Verwertung von Immobilien geschieht gemäß § 848 Abs. 3 ZPO nach § 866 Abs. 1 ZPO durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung.

       

       

9. Besonderheiten bei der Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte, §§ 857 ff. ZPO

 

Die §§ 857 ff. ZPO regeln die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in andere Vermögensrechte, also nicht in körperliche Sachen (§§ 808 ff. ZPO), Geldforderungen
(§§ 829 ff. ZPO), Sachforderungen (§§ 846-848 ZPO) oder unbewegliches Vermögen
(§§ 864, 865 ZPO).

 

§ 857 Abs. 1 ZPO stellt keinen Auffangtatbestand für alle nicht anderweitig geregelten Vollstreckungsobjekte dar. Vollstreckt werden kann danach vielmehr nur in selbständige Vermögensrechte, die übertragbar sind oder deren Ausübung wenigstens einem anderen überlassen werden kann (vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 716). Erforderlich ist

 

    -  ein Recht (also keine rein tatsächlichen, rechtlich ungeschützten Chancen wie etwa die bloße Aussicht, Erbe zu werden, vgl. RGZ 67, 425, und auch keine rein tatsächlichen Verhältnisse, selbst wenn sie rechtlich umschrieben werden können, etwa die Rechtsstellung als Gläubiger eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, vgl. LG Leipzig Rpfleger 2000, 401, oder die Rechtsstellung als Alleinerbe, vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 718; Lackmann a.a.O., Rn. 294), bei dem es sich auch um ein künftiges Recht handeln kann, wenn der Rechtsgrund bereits besteht (Bsp.: künftige Eigentümergrundschuld, wenn bereits eine Hypothek eingetragen ist, vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 294),

     

    - mit Vermögenswert (also z.B. nicht rein persönliche Rechte, z.B. das Namensrecht oder das Migliedschaftsrecht an einem Idealverein, vgl. T/P 857/8),

     

    - das selbständig ist (also nicht akzessorische Rechte, deren Bestand von einem Hauptrecht abhängt und die einen Vermögenswert erst in Verbindung mit diesem Hauptrecht haben, z.B. Hypothek, Pfandrecht oder Bürgschaft, vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 721; T/P 857/7; auch nicht Gestaltungsrechte wie Kündigung, Rücktritt, Anfechtung, vgl. Brox/Walker a.a.O., Rn. 723),

     

    - und das übertragbar ist (§§ 857 Abs. 1 i.V.m. 851 Abs. 1 ZPO) oder zumindest einem anderen zur Ausübung überlassen werden kann (§ 857 Abs. 3 ZPO) wie etwa der Nießbrauch (unübertragbar gemäß § 1059 Satz 1 BGB, kann gemäß § 1059 Satz 2 BGB aber einem anderen zur Ausübung überlassen werden, vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 296).

     

Gepfändet wird durch Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner (§§ 857 Abs. 1, 829 Abs. 3 ZPO) oder, soweit kein Drittschuldner vorhanden ist, an den Schuldner
(§ 857 Abs. 2 ZPO). Die Verwertung erfolgt zwar grundsätzlich nach §§ 857 Abs. 1, 835 ZPO. Häufig wird aber eine andere Verwertungsart (§ 857 Abs. 4 ZPO oder §§ 857 Abs. 1, 844 ZPO) in Betracht kommen (vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 297).

 

Pfändbar sind etwa

 

    - Anteile an dem Gesellschaftsvermögen einer GbR, OHG oder KG (§ 859 Abs. 1 ZPO),

     

    - Miterbenanteile (§ 859 Abs. 2 ZPO),

 

    - Geschäftsanteile an einer GmbH (vgl. § 15 Abs. 1 GmbHG),

 

    - Miteigentumsanteile an beweglichen Sachen (vgl. § 747 Satz 1 BGB; gemäß § 751 Satz 2 BGB kann der Gläubiger, wenn der Titel nicht nur vorläufig vollstreckbar ist, dann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, vgl. Lackmann a.a.O., Rn. 299),

     

    - Grundschuld, Rentenschuld und Reallast (§ 857 Abs. 6 i.V.m. §§ 830, 837 ZPO; zu den Besonderheiten bei der Pfändung einer Eigentümergrundschuld vgl. T/P 857/11; Lackmann a.a.O., Rn. 300).

     

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